
Die 68er-Bewegung und die Kirche
Veranstaltung in der Reihe Marktplatzgespräche
Dr. Ursula Krey erlebte die Zeit der 68er als Kind und engagierte sich später als Studentin politisch. Ohne die Kirche hätte es die 68er-Bewegung nicht gegeben, meint sie: „Viele Aktivisten sind als Pastorenkinder im Pfarrhaus sozialisiert worden und die Kirche ist Keimzeile gewesen. Die Kirche musste sich vom nationalprotestantischen Erbe verabschieden und in der politisch-kulturellen Transformation den Bruch mit der Gehorsamstradition vollziehen.“ Bildungsreformen, Liberalisierung des Strafrechts, Psychiatriereform, Heimrevolte, Frauenrechte und feministische Theologie seien vorangetrieben worden und die Kirche habe dabei eine zentrale Bedeutung gehabt. Ihrer Meinung nach sollte Kirche heute jenseits konfessioneller Grenzen Raum für kollektives Ausleben religiöser Grundbedürfnisse bieten, ohne unpolitisch zu werden.
Ulf Allhoff-Cramer wuchs im katholischen Sauerland auf. Er sei durch seinen älteren Bruder geprägt worden, der früh die Autorität der Eltern in Frage gestellt habe. Allhoff-Cramer engagierte sich in der Umweltbewegung und wurde Ökolandwirt. Die Jugend habe damals die Chancen der Demokratie genutzt und das würde er sich auch heute wünschen. Durch den Klimawandel würden wir die Grundlagen unseres Lebens vernichten. Die 68er-Bewegung habe ihn gelehrt, dass man etwas gegen politische Fehlentscheidungen bewirken könne.
Rolf-Joachim Krohn-Grimberghe begann 1969 sein Theologiestudium in Göttingen zur Zeit der Studentenrevolte gegen Altnazis und Notstandsgesetzte und befreite sich aus einem engen pietistischen Elternhaus. Er lehnte sich auf gegen verkrustete Gesellschaftsstrukturen und ein autoritäres Gottesbild. Die Befreiungstheologie sei damals wichtig geworden. Die Solidarische Kirche, die Bewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ und das Engagement auf Kirchentagen seien eine Folge gewesen. Neue Lieder, politische Nachtgebete und Gemeindeprojekte zur Emanzipation hätten das Gesicht der Kirche verändert. Sein Ziel sei es gewesen, Kirche nicht von oben herab, sondern über Konfessionsgrenzen hinweg menschennah und einladend erleben zu können.
01.10.2018