Wir weigern uns, Feinde zu sein

Vortrag über das andere Gesicht Palästinas und Israels

Kreis Lippe/Detmold. „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ steht auf einem Stein in der Hauseinfahrt einer palästinensischen Familie, die mitten in den von Israel besetzten Gebieten ihre Wohnung behalten möchte. Diesen Stein fotografierte Pfarrer i.R. Rainer Stuhlmann während seines Aufenthaltes in Israel als Studienleiter für die Freiwilligen in dem christlichen Dorf Nes Ammim.

In einem mitreißenden Vortrag in der Reihe „Religionen im Gespräch“ stellte er im Haus Münsterberg Projekte vor, in denen Israelis und Palästinenser Visionen umzusetzen versuchen.

Das Bemühen um Dialog, Gerechtigkeit und Frieden für beide Seiten verbindet alle diese Projekte.

Die Zuhörer erfuhren zunächst Grundzüge des hartnäckigen Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern. Ohne sich zu positionieren berichtete Stuhlmann von „zwei gegensätzlichen Weisen, die gleiche Geschichte zu betrachten“. Stuhlmann stellte Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Israels heraus, verschwieg aber auch Rechtsbrüche in den besetzten Gebieten nicht. Die von Israel errichtete Mauer nennt er ein „Instrument der Annexion“, nicht des Friedens.

Rainer Stuhlmann berichtete weiterhin von Initiativen gewaltfreien Widerstands gegen die offizielle Politik auf beiden Seiten. Dazu gehörten Einladungen an palästinensische Kinder in jüdische Kindergärten und Schulen, gemeinsames Musizieren und erste Begegnungen von arabischen und jüdischen Jugendlichen ebenso wie ein gemeinsames Demonstrieren der „Frauen in Weiß“, die Initiative „Frauen führen Frieden“ (im Unterschied zum Begriff „Kriege führen“) sowie ehemalige Soldaten beider Seiten, die gemeinsam in Schulen gehen und von den Kriegsgräuel berichten. Es gebe außerdem gemeinsame Aktionen israelischer, palästinensischer und jordanischer Umweltschützer gegen die Wasserverschwendung am Toten Meer oder auch die Soldatenbewegung „Breaking the silence“, die dazu aufruft, Kriegserlebnisse trotz des Schweigegebots der israelischen Armee zu berichten und eine Kriminalisierung in Kauf nehme. Diese Gruppe war vor einiger Zeit von Außenminister Gabriel aufgesucht worden.

Symbolisch hat Rainer Stuhlmann zwei Fahnen auf seinem Tisch in einer einzigen Vase stehen. Israel und Palästina. „Solidarität mit beiden“ möchte er ausdrücken, aber mit „wechselnden Loyalitäten“. Die Friedensinitiativen würden von beiden Regierungen nicht gewollt. Interesse bestehe nur daran, den Status Quo zu erhalten. Eine von tiefer Nachdenklichkeit geprägte Diskussion rundete den Abend ab.

Die Reihe „Religionen im Gespräch“ ist eine Kooperation der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Lippe e.V. (GfcjZ), der Ev. Studierendengemeinde Detmold/Lemgo (ESG) sowie des Katholischen Bildungswerkes Lippe e.V. mit dem Bildungsreferat der Lippischen Landeskirche.

26.10.2017