Die Weissen kommen
Berliner Compagnie bot politisches Theater zum Alavanyo-Jubiläum
Das Stück beleuchtet, wie der afrikanische Kontinent von den Europäern ausgebeutet wird. Auch ein halbes Jahrhundert nach dem Ende der Kolonialzeit schädigen Regierungen und Konzerne den Kontinent auf verschiedene Weise. Thematisiert werden unter anderem die Kriege um wertvolle Rohstoffe, die Umweltschäden durch den CO2-Ausstoß der Industrienationen oder die explodierenden Lebensmittelpreise aufgrund der steigenden Nachfrage nach Biokraftstoffen.
Die vier Darsteller Natascha Menzel, Jan-Theo Jost, Dimo Wendt und H.G. Fries schlüpfen in die unterschiedlichsten Rollen, sind Handlanger der Großkonzerne, Kriegsherren, Sklaventreiber.
Die Zuschauer werden in eine Art Computerspiel versetzt, in dem vier komplett in Weiß gekleidete Spieler versuchen, das nächste Level zu erreichen. Sie präsentierten sich zum Auftakt als moderne Banker und Wertpapierhändler, die in ihrem Streben nach unaufhörlicher Gewinnmaximierung Afrika für sich entdeckt haben. Die Spieler kennen keine Gesetze und Skrupel schon gar nicht. Diebstahl, Raub und Völkermord sind erlaubt. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten.
Von der heutigen Zeit führt das „Spiel“ immer weiter zurück in die unheilvolle Geschichte der Kolonialherrschaft in Afrika und der späteren Unabhängigkeitskämpfe. Die „Weißen“ erhalten ihre brutalen Befehle von einer schwarzen Säule mit grellen Scheinwerfern, dem Gamemaster. Dessen oberstes Gebot lautet: Wer im Spiel bleiben will, darf kein Mitleid mit den Afrikanern haben. Trotzdem verstoßen die Weißen nach und nach gegen diese Regel und werden in „Schwarze“ verwandelt. Nun werden die bisherigen Unterdrücker selbst zu Unterdrückten und erleben die brutale Ausbeutung am eigenen Leib, zum Beispiel als Sklaven auf einer Baumwollplantage. Mit der Ermordung von Patrice Lumumba, dem ersten Ministerpräsidenten des unabhängigen Kongo unter belgischem Kommando, endet die Aufführung, die von den Zuschauern mit viel Beifall bedacht wird.
Die Berliner Compagnie ist im Jahr 1981 aus der Friedensbewegung hervorgegangen und hat sich die politische Aufklärung zur Aufgabe gemacht. Für ihre gesellschaftskritische Theaterarbeit erhielt die Gruppe 2009 den Nationalen Aachener Friedenspreis. Mit ihrem fünften Stück „Die Weissen kommen“ will das Ensemble die Zuschauer nicht nur auf externe Ursachen für die Situation in Afrika hinweisen, sondern sie auch dazu auffordern, sich das eigene Konsumverhalten bewusst zu machen.
Im Eine-Welt-Laden Alavanyo verkaufen ehrenamtliche Mitarbeiterinnen fair gehandelte Produkte aus Afrika, Asien oder Südamerika. Das Geschäft in der Bruchstraße (am Markt, hinter der Sparkasse), das in Trägerschaft der Lippischen Landeskirche steht, gibt es seit nunmehr 30 Jahren. Zum Sortiment gehören Kaffee, Tee, Wein, Gebäck, Tücher, Gläser, verschiedene Kunstgegenstände und handgefertigte Taschen, die von Fair-Handelsfirmen wie El Puente oder Gepa bezogen werden. Die Produzenten dieser Waren mussten nicht für Dumpinglöhne arbeiten, sondern sind gerecht entlohnt worden. Die Überschüsse, die der Laden erwirtschaftet, fließen in soziale Projekte in der Dritten Welt.
19.11.2012