„Den Vorhang durchschreiten“
Symbolträchtige Installation zum Ewigkeitssonntag in der ev.-ref. Kirche Horn
Während des ersten Teils des Gottesdienstes trennte ein schwarzer Vorhang das Kirchenschiff mit den Gemeindegliedern vom Chorraum mit dem Abendmahlstisch. Der Kerzenschein im Chor hinter dem schwarzen Schleier war vom Kirchenschiff aus mehr zu erahnen, denn zu erkennen. „Der dunkle Vorhang symbolisiert den Tod und ist zugleich Projektionsfläche für unsere Gefühle und Gedanken“, erläuterte Pfarrer Fleck den Gottesdienstbesuchern. Die von ihm nacherzählten alttestamentarischen Texte von der Vertreibung aus dem Paradies und den Klagen des Hiobs schilderten, dass menschliches Leben immer verlustbedroht, todesbehaftet und vergänglich ist.
Als erlösende Befreiung aus der beklemmenden Dunkelheit war der zweite Gottesdienstteil zu verstehen. „Dieser Weg führt uns vom Schweigen zum Sprechen, von der Schwere zur Leichtigkeit, vom Tod in die Ewigkeit“, erklärte Pfarrer Fleck. Der schwarze Vorhang wurde beiseite gezogen und gab den Blick frei auf golden schimmernde Organza-Bahnen, die sich in der von den Kerzenflammen erwärmten Luft sanft bewegten. Die Gottesdienstbesucher durchschritten den Vorhang zusammen mit dem Pfarrer und folgten ihm auf einem kerzenflankierten Weg in den Chorraum, um hier biblische Texte zu hören, die das Licht und die Freude darüber zum Gegenstand hatten: die Schöpfungsgeschichte und Teile aus dem „Prediger Salomo“ („Ein jegliches hat seine Zeit …“)
Die Erklärung, warum der Abendmahltisch (an diesem Abend ohne Tischplatte) als eine Art leeres, aber von einer großen Kerze erleuchtetes Grab wahrgenommen wurde, deutete Pfarrer Fleck an mit der Nacherzählung einer Prophetie aus dem alttestamentarischen Buch Hesekiel. Dort wird von einem „Feld voller Totengebeine“ berichtet, das durch Gottes „Odem“ lebendig und zum „ganzen Haus Israel“ wird (Hesekiel 37).
Die Wirkung des Abends wurde am Harmonium eindrucksvoll unterstützt von Christof Pülsch, Kantor der Zionskirche Bethel. Pfarrer Fleck erklärte, dass er sich bei der Kirchengestaltung, der Textauswahl und dem Gottesdienstablauf habe leiten lassen von der Idee, eine „Art von Osterweg“ bildhaft umzusetzen, um zu verdeutlichen, dass im christlichen Glauben seit dem Auferstehungsmorgen die Macht des Todes gebrochen und Neues angebrochen ist. Den Blick auf diese Grenzüberwindung zu lenken, sei eine wesentliche Bestimmung des Ewigkeitssonntags, der nicht zufällig der letzte Sonntag des Kirchenjahres sei.
30.11.2009