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Sexualisierte Gewalt

Externes Gremium gibt Landeskirche Empfehlungen zur Aufarbeitung

Kreis Lippe/Augustdorf. Ein ausschließlich mit externen Expertinnen und Experten sowie betroffenen Personen besetztes Gremium hat sich mit Fällen sexualisierter Gewalt in der Lippischen Landeskirche befasst und Empfehlungen für die weitere Aufarbeitung gegeben.

Dies berichtete Landessuperintendent Dietmar Arends auf der Tagung der Lippischen Landessynode am 25. November in Augustdorf. Er informierte hier unter anderem über den Stand der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der Lippischen Landeskirche aus den 70er, 80er und 90er Jahren. Die Fälle waren in diesem Jahr öffentlich gemacht sowie betroffene Personen auf Ansprechstellen in Lippe aufmerksam gemacht worden.

 

„Diese Veröffentlichungen sind für uns als Kirche sehr schmerzhaft“, so der Landessuperintendent. Aber das könne nicht im Vordergrund stehen. „Im Vordergrund stehen die Betroffenen, ihre Schmerzen und ihr Leid, die psychischen, die physischen und sozialen Folgen, die die erlittene Gewalt hatte. Wir wollen alles dafür tun, dass sie die Möglichkeit haben sich zu melden, Gehör zu finden, Hilfe und Unterstützung dort, wo sie es möchten, und Anerkennung dessen, was ihnen angetan wurde.“ Dazu gehöre auch, Anerkennungsleistungen zumindest anzubieten: „Etlichen Betroffenen geht es aber nicht oder nicht in erster Linie um diese Anerkennungsleistungen, sondern darum, dass Kirche zu dem steht, was geschehen ist, und dass sie Konsequenzen daraus zieht.“

 

Das extern besetzte Gremium wurde gebeten, die veröffentlichten Fälle daraufhin zu prüfen, was an Aufarbeitung weiter notwendig ist. Diese Vorgehens­weise hatte Professor Martin Wazlawik, der Leiter der ForuM-Studie, in einem Gespräch mit dem Interventionsteam der Lippischen Landeskirche empfohlen. Am vergangenen Freitag wurden die Ergebnisse der Beratungen übergeben. Arends: „Wir sind den Mitgliedern des Gremiums außerordentlich dankbar, dass sie zu sehr umfänglichen und konkreten Empfehlungen gekommen sind, wie die Aufarbeitung in unserer Kirche vorangetrieben werden sollte. Dabei werden zu allen Fällen noch viele offene Fragen identifiziert und es wird deutlich festgestellt, dass wir bei aller Wertschätzung auch des bisher Erfolgten erst am Anfang der Aufarbeitung stehen.“ Das Gremium empfehle sowohl die Beauftragung einer externen Aufarbeitungsforschung als auch einen internen Aufarbeitungsprozess mit strukturierter Betroffenenbeteiligung. Dabei solle der Fokus der Aufarbeitung insbesondere auf den Betroffenen und den strukturellen Bedingungen liegen, die diese Gewalt ermöglicht und begünstigt haben. Der Aufarbeitung komme unter anderem die Aufgabe zu, das Schweigen zu brechen, das erlittene Unrecht zu benennen, Vertuschung und Strukturen, die sexualisierte Gewalt begünstigt haben, aufzudecken und Konsequenzen für die Gegenwart für den Schutz vor sexualisierter Gewalt zu ziehen. Dietmar Arends: „Das Interventionsteam und der Landeskirchenrat werden sich nun intensiv mit dem Bericht und den Empfehlungen auseinandersetzen. Wir werden unsere weitere Aufarbeitung an diesen Empfehlungen ausrichten. Die Betroffenenbeteiligung wollen wir weiter stärken.“  

 

Der Landessuperintendent berichtete auch über Konsequenzen aus der Anfang des Jahres veröffentlichten ForuM-Studie (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland): „Alle Entscheidungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Umgang mit sexualisierter Gewalt geschehen unter Mitwirkung des Beteiligungsforums und damit unter direkter Mitwirkung Betroffener. In intensiver Arbeit ist ein umfänglicher Maßnahmenkatalog entstanden, mit dem auf die Ergebnisse der ForuM-Studie reagiert werden soll.“ Geplant seien beispielsweise einheitliche Standards bei Intervention und Aufarbeitung. Der Maßnahmenplan sehe außerdem die Einrichtung einer zentralen unabhängigen Ombudsstelle für betroffene Personen vor. Sie soll Betroffene bei Konflikten mit kirchlichen und diakonischen Stellen unterstützten. Weitere Maßnahmen seien unter anderem die stärkere Verankerung des Themas Sexualisierte Gewalt in der Aus- und Fortbildung für kirchliche Berufe. Die Anerkennungsleitungen sollen auf Ebene der EKD vereinheitlicht werden.

 

Auf Ebene der Lippischen Landeskirche laufen die Präventionsschulungen weiter, so Dietmar Arends: „Die Aufbauschulungen für Kirchenälteste und Personen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, haben inzwischen begonnen. Auch die Erarbeitung der Schutzkonzepte ist in den meisten Gemeinden auf einem guten Weg. Die Begleitung durch die Stabsstelle Sexualisierte Gewalt geht nun zügiger vonstatten, nachdem Pfarrer Kai Mauritz am 1. September in der Stabsstelle seine Arbeit aufgenommen hat.“ Außerdem kündigte der Landessuperintendent einen Impulstag zum Thema Sexualisierte Gewalt für Landeskirche, Gemeinden und weitere Interessierte am 22. Februar 2025 an.

 

 

 

 

Weitere Infos zur Lippischen Landeskirche:

Rund 131.000 Gemeindeglieder
65 reformierte und lutherische Gemeinden (54 ref., 10 luth., 1 ev.*)
4 reformierte und 1 lutherische Klasse
57 Synodale
Weitere Infos u.a. zu Struktur und Finanzen:

www.lippische-landeskirche.de/transparenz
 

*  Lockhausen-Ahmsen ist eine evangelische Kirchengemeinde mit Mitgliedschaft in der reformierten Klasse West und in der Lutherischen Klasse.

 

Die Verhandlungen der Lippischen Landessynode am 25. und 26. November können über www.lippische-landeskirche.de mitverfolgt werden.

 

25.11.2024