Multitalent und Universaldilettant
Pfarrer i.R. Günter Puzberg wurde vor 50 Jahren ordiniert
Kreis Lippe/Detmold. Wenn Günter Puzberg auf die vergangenen 50 Jahre zurückblickt, kann er aus dem Vollen schöpfen. Er hat nicht nur als erster Pfarrer für Erwachsenenbildung die Bildungsarbeit der Lippischen Landeskirche aufgebaut und geprägt, er hat Arbeitslosenzentren in Lippe gegründet, war als Schulreferent Initiator des Konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, war der erste Umweltbeauftragte der Landeskirche, hat den Förderverein der Theologischen Bibliothek gegründet, die Wochen der Besinnung auf Juist ins Leben gerufen, ist Schriftsteller, Herausgeber, komponiert Lieder und vieles mehr.
Dabei sollte der am 26. September 1945 in Salzgitter-Bad geborene und in Fulda und Hannover aufgewachsene Günter Puzberg eigentlich mit einem Stipendium Chemie studieren. Doch es kam anders. Durch Kontakte in der Kirchengemeinde vor Ort, Jugendarbeit und Orgelspiel, fing der junge Mann an, sich für Theologie zu erwärmen. „Ich erlebte unseren Pfarrer und fand es einen tollen Beruf“, so Puzberg schmunzelnd: „Ich wollte allerdings mehr draus machen“. Und das hat er getan. Er studierte Theologie in Göttingen und in Zürich, das Studium hat er sich mit vielen Jobs finanziert – als Organist im Gottesdienst, aber auch als Straßenbahnschaffner. In Göttingen lernte er seine Frau Gerlinde kennen, die ebenfalls studierte, Lehrerin wurde und ihren Mann immer vielfältig unterstützt hat. Er absolvierte noch ein zweites Universitätsstudium: Erziehungswissenschaften. „Ein Freund und ich waren uns einig, dass das theoretische Theologiestudium alleine nicht reicht für das Pfarramt.“ Sie hätten sich beide nicht gut vorbereitet gefühlt, um mit Menschen zu arbeiten. Also ließ sich Puzberg nach dem Zweiten Theologischen Examen beurlauben, studierte noch einmal und arbeitete parallel bei der Evangelischen Erwachsenenbildung in Niedersachsen mit. Ordiniert wurde Puzberg am 18. August 1974 in Esbeck bei Elze. Das zweite Studium schloss er als Diplom-Pädagoge ab.
In Esbeck war er auch sechs Jahre mit einem halben Dienstumfang Gemeindepfarrer und mit einem weiteren halben Dienstumfang pädagogischer Mitarbeiter in Südniedersachen. Inzwischen waren ihre beiden Kinder geboren.
Als sich strukturelle Veränderungen in der Kirchengemeinde anbahnten, bewarb er sich um die neu eingerichtete Pfarrstelle für Erwachsenenbildung in der Lippischen Landeskirche, die er 1980 antrat. Gerlinde Puzberg war als Lehrerin berufstätig. „Ohne meine Frau wäre ich damals nicht nach Lippe gegangen“, betont Puzberg. Und hier, wie auch später als Schulreferent der Lippischen Landeskirche, hat er Impulse und Aufbrüche gesetzt, die bis heute tragen. In der Umweltarbeit zum Beispiel, die ihm immer am Herzen lag. Auch der Konfessionell-kooperative Religionsunterricht (KokoRu) ist auf seine Initiative an Grundschulen in Lippe gestartet – inzwischen hat KoKoRu sich an vielen Schulen in NRW etabliert. Die feierlichen Gottesdienste, in deren Rahmen die Vokation, also die kirchliche Lehrerlaubnis für den Religionsunterricht, erfolgt, hat er ebenfalls ins Leben gerufen.
Auch heute, im Ruhestand, bleibt der 78-jährige aktiv. Er ist Opa von vier Enkelsöhnen, erfindet Spiele, macht Supervision und Gemeindeberatung. Lieder und Klaviermusik zu komponieren, war und ist eine seiner Leidenschaften. Für den Förderverein der Theologischen Bibliothek vermarktet er im Internet-Antiquariat theologische Bücher. Die Erlöse kommen Projekten in Kirche und Schule zugute. Auch die Natur hat es Puzberg nachhaltig angetan: im Garten wachsen Wildkräuter, die beispielsweise zu Salaten und Tee verarbeitet werden. Puzberg lacht: „Wenn man mich beschreiben sollte, dann würde ich sagen: Ich bin ein Multitalent und Universaldilettant“.
06.09.2024