Referat zum Missbrauch des Hexenthemas in der NS-Ideologie. Mit Dr. Rainer Decker, Christ-Dore Richter und Dr. Bärbel Sunderbrink (von links).

Der Missbrauch des Hexenthemas in der NS-Ideologie

Dr. Rainer Decker sprach über ein unbekanntes Thema der Verfolgungsgeschichte

Kreis Lippe/Detmold. Zum „Missbrauch des Hexenthemas in der NS-Ideologie“ hat der Historiker Dr. Rainer Decker auf Einladung der Evangelischen Erwachsenenbildung in Kooperation mit dem Arbeitskreis Hexenverfolgung des Detmolder Ortsvereins des Lippischen Heimatbundes, dem Naturwissenschaftlichen und Historischen Verein Lippe e.V. und dem Detmolder Archiv referiert.

Christ-Dore Richter, Vorsitzende des Ortsvereins, und Dr. Bärbel Sunderbrink, Leiterin des Stadtarchivs, begrüßten die Gäste. Decker, ehemaliger Gymnasiallehrer und Fachleiter in Paderborn, hat zahlreiche Bücher und Artikel zum Thema „Hexenverfolgungen“ veröffentlicht. 

Er erläuterte, dass im Geschichtsbild führender Nationalsozialisten Hexenverfolgungen eine große Rolle spielten. Sie dienten als Argument im weltanschaulichen Kampf gegen die katholische Kirche und für den Germanenkult Heinrich Himmlers. Dafür gab er 1935 ein „wissenschaftliches“ Großvorhaben in Auftrag. Rund 14 junge Historiker des sogenannten Sicherheitsdienstes, die sich als Studenten tarnten, durchkämmten als Geheimauftrag bis 1944 systematisch Hexenprozessakten in deutschen Archiven. Sie erstellten eine umfangreiche Kartothek, die als Basis für Untersuchungen dienen sollte. Der Kriegsverlauf verhinderte den Abschluss des Unternehmens, das in der quantitativen Bestandsaufnahme stecken blieb.

Das Material hat sich erhalten und ist der Forschung zugänglich. Auch Akten aus Lippe wurden von SS-Männern durchforstet. So enthält Himmlers Hexenkartothek in Lemgo 164, Horn 122, Salzuflen 24, Blomberg 18, Barntrup 3 und Lippstadt 72 Karteiblätter.

Der Historiker Gerhard Schormann, der die Kartei erforschte, benannte deren Zwecke: Die Nazis hofften Überbleibsel altgermanischen Glaubens aufzufinden und nutzten die Hexenprozesse für antichristliche Propaganda.

Himmler habe die Hexenverfolgung als ein Verbrechen der katholischen Kirche betrachtet und als Versuch, altgermanisches Erbe zu vernichten, legte Dr. Decker dar. Er habe dahinter eine jüdische Konspiration vermutet. Was mit fragwürdigen wissenschaftlichen Methoden zusammengetragen wurde, sollte nach Himmlers Willen direkt in die Propaganda der NS-Volksbildung einfließen.

Letztendlich machten die Nazis die Juden für die Hexenverfolgung verantwortlich. Sie sei von der römisch-katholischen Kirche, die jüdische Wurzeln habe, angezettelt worden, um urgermanische Wurzeln der Deutschen auszurotten.

27.05.2024