Gemeinsamer Gottesdienst am Israelsonntag: Landessuperintendent Dietmar Arends und Dr. Yuval Lapide (rechts)

Wurzeln brauchen Wasser

Landessuperintendent Dietmar Arends und Dr. Yuval Lapide gestalteten Gottesdienst am Israelsonntag gemeinsam

Kreis Lippe/Detmold. Der jüdische Religionswissenschaftler Dr. Yuval Lapide hielt die Predigt am Sonntag (21. August) im Gottesdienst in der Erlöserkirche am Markt in Detmold. In eindrücklicher Weise schilderte er seine Sicht auf das Verhältnis von Christen und Juden. Dieses steht traditionell am 10. Sonntag nach Trinitatis im Mittelpunkt, wie Landessuperintendent Dietmar Arends in seiner Begrüßung erläuterte: „In christlicher Gemeinde ist der Israelsonntag Anlass, über unser besonderes Verhältnis zum jüdischen Glauben nachzudenken, die Wurzel unseres eigenen Glaubens, der ohne die Geschichte Gottes mit seinem Volk nicht denkbar wäre – und nicht verstehbar ist.“

Er hob den Besuch von Dr. Yuval Lapide und seiner Frau Debora hervor: „Dass wir heute in Gemeinschaft mit Ihnen diesen Sonntag begehen und feiern können, erfüllt uns – gerade nach der Geschichte unseres Volkes – mit Freude und Dankbarkeit.“

Yuval Lapide ist der Sohn des Religionswissenschaftlers Pinchas Lapide, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, und der Religionswissenschaftlerin und Historikerin Ruth Lapide. Beide haben grundlegende Impulse für die christlich-jüdische Versöhnungsarbeit gegeben.

Das Engagement im christlich-jüdischen Dialog führt ihr Sohn fort.

Er sprach über das künftige Heil für die Völker, wie es bei Sacharja 8, 22-23 beschrieben ist: „So werden viele Völker und mächtige Nationen kommen, den Herrn Zebaoth in Jerusalem zu suchen und den Herrn anzuflehen.“

Genauso geschehe es heute, Christen aus aller Welt kämen nach Jerusalem auf der Suche nach Gott: „Menschen wollen das Wort Gottes in den heiligen Stätten hören. Das Wort Gottes wird sie ergreifen und dann ergreifen sie die Initiative.“ Lapide verlieh dem Bibeltext vor den Gottesdienstbesuchern in der gut gefüllten Erlöserkirche Aktualität: „Menschen sollten Juden nicht verfolgen und quälen, sie sollten vielmehr von ihnen profitieren“. Und zitierte weiter aus Sacharja: „So spricht der Herr Zebaoth: Zu jener Zeit werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.“ Yuval Lapide ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Mein Rockzipfel ist groß genug, um nicht nur zehn, sondern einer großen Menge Christinnen und Christen den Weg zur Tora und nach Jerusalem zu zeigen.“

Es werde sich herumsprechen, zeigte sich Lapide überzeugt, „dass Gott zu uns zuerst sprach. Wir brauchen keinen Zank zwischen den Religionen bezüglich des Geliebtseins durch Gott. Die Juden sind gemäß biblischer Aussagen "Gottes erste Liebe". Bibelfeste Juden wissen, dass sie diese Liebe und das damit verbundene Bibelwissen an alle Christen zu verteilen haben.“ Darin sähe er, so Lapide weiter, auch seine eigene Aufgabe als Brückenbauer im jüdisch-christlichen Gespräch.

Es gebe ein gemeinsames Erbe von Christen und Juden: „Wir sind miteinander verbunden, einer kann nicht ohne den anderen.“ Für Christen gehe es um das Heil und Erlösung aus derzeitiger Zerrissenheit und Problemen. Wurzeln brauchen Wasser, damit es ihnen besser geht, so Dr. Yuval Lapide, und übertrug dieses Bild auf seine Botschaft: „Jüdisches Wissen aufzunehmen, tut Ihnen gut.“

Musikalisch wurde der Gottesdienst begleitet durch Kirchenmusikdirektor Johannes Pöld an der Orgel. Bekannte Lieder wie „Hevenu schalom alejchem“ und „Großer Gott, wir loben Dich“ erfüllten die Erlöserkirche am Israelsonntag mit Gesang.

23.08.2022