Archiv 2005 - 2001

30.11.2002

Ein früher Vorkämpfer für Menschenrechte

Pressemitteilung: Anton Praetorius und sein Buch „Gründlicher Bericht von Zauberey und Zauberern“

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„Wasserprobe“: Ging die gefesselte Angeklagte nicht unter, galt dies als Beweis ihrer Hexerei – ertrank sie, galt es als Gottesurteil. Holzschnitt des 16. Jahrhunderts. Aus dem Buch „Anton Praetorius - Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter“ von Hartmut Hegeler.

Die frühe Neuzeit wurde in Mitteleuropa von Krieg, Missernten, Epidemien und Glaubenskonflikten geprägt. Die Menschen suchten damals nach Ursachen für ihr Unglück und fanden sie in der „terroristischen Sekte“ der Hexen und Zauberer. Diesen wurde nachgesagt, durch ihre angebliche gotteslästerliche Lebensweise und ihren „Schadenszauber“ den Zorn Gottes hervorzurufen, denn der galt als Ursache allen Unglücks. In diesen Zusammenhang stellte Hartmut Hegeler die Hexenverfolgung.
Der Theologe räumte eingangs landläufige Fehlannahmen aus, mit denen auch er sich zu Beginn seiner Recherchen konfrontiert gesehen hatte: So spielte sich der Großteil der Hexenprozesse nicht im Mittelalter, sondern in der frühen Neuzeit ab. Die Zahl der Prozesse lag nicht bei neun Millionen, wie noch zu Beginn der neunziger Jahre angenommen, sondern „nur“ bei etwa 100.000, außerdem wurden keineswegs nur Frauen hingerichtet, sondern auch, in geringeren Zahlen, Männer und Kinder. Auch waren die Gerichte, die Hexen foltern ließen und verurteilten, weltliche und insofern mit der Inquisition der Kirche des Mittelalters nicht zu vergleichen.
Anton Praetorius veröffentlichte erstmals 1598 unter Pseudonym und als Neuauflage 1602 unter eigenem Namen seinen „Gründlichen Bericht von Zauberey und Zauberern“. Das jetzt erschienene Buch „Anton Praetorius – Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter“ von Hartmut Hegeler, das der Autor an diesem Abend vorstellte, ist auch mit Unterstützung der Lippischen Landeskirche gedruckt worden. Praetorius war Hofpfarrer in dem hessischen Ort Birstein, als dort Hexenprozesse stattfanden. Er wurde wegen seines hohen Amtes als Gerichtsbeisitzer benannt. Als eine Frau gefoltert werden sollte, um ein Geständnis zu erzwingen, verhinderte der Pfarrer durch sein entschlossenes Auftreten und seine scharfsinnige Argumentation die Hinrichtung dieser Frau. Nur sein guter Ruf bewahrte ihn davor, dass er, der sich hiermit „als Freund der Hexen geoutet“ hatte, nicht selber hingerichtet wurde, sondern lediglich als Dorfpfarrer in eine Region versetzt wurde, in der keine Hexenprozesse stattfanden. Hier schrieb Praetorius dann das Buch „Gründlicher Bericht von Zauberey und Zauberern“, in dem er durch die Autorität der Bibel und Vernunft versuchte, den Befürwortern der Hexenprozesse den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wegen dieses Einsatzes wurde er auch schon als „Vorläufer von Amnesty International“ bezeichnet, erzählte Hegeler. Das Buch erschien in vier Auflagen. Zwölf Exemplare liegen weltweit noch vor. Das einzige erhaltene Exemplar von 1602 befand sich am Abend des Vortrages in Detmold, durfte aber von den Besuchern nicht berührt werden.
Hegeler schloss seinen Vortrag mit einem Appell an die Kirchen, die Opfer der Hexenverfolgung jetzt, nach 400 Jahren, endlich zu rehabilitieren. Dies sei bisher nur vereinzelt geschehen. Der Autor berichtete von zwei Professoren der Kirchengeschichte, die ihm gesagt hätten, man solle nicht in dieser Thematik „herumrühren“, irgendetwas würden diese Menschen wohl verschuldet haben, sonst hätte man sie doch nicht hingerichtet.

Hartmut Hegeler: Anton Praetorius – Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter. Zum 400jährigen Gedenken an das Lebenswerk eines protestantischen Pfarrers. Eigenverlag Hartmut Hegeler, Sedanstr. 37, 59427 Unna.

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