Archiv 2005 - 2001

30.07.2002

Integration durch Ausprobieren

Pressemitteilung: „Kolumbus“: Ein Modellprojekt in Detmold-Herberhausen

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Alex und Arthur bei der Arbeit. Das Haus der Kirche in Herberhausen ermöglicht Begegnung und sinnvolle Beschäftigung.

Herberhausen, früher Hakedahl – ein Stadtteil, in dem überwiegend Migranten wohnen, von denen „etwa 90 Prozent nicht richtig Deutsch sprechen können“, wie Roswitha Kaul anmerkt. Sie ist die Leiterin des Hauses der Kirche und koordiniert das neue Modellprojekt „Kolumbus“, das vom Bund, von zwei Detmolder Kirchengemeinden und vom Diakonischen Werk Lippe unterstützt wird. Wie der Namensgeber wagen die Beteiligten, gerüstet mit Sachwissen, Hoffnung und Unternehmungsgeist, einen Weg in unbekannte Gewässer.
Vier Drei-Zimmer-Wohnungen in einem der typischen Wohnblocks des Stadtteils – das ist das Haus der Kirche, das die lutherische Gemeinde Detmold und die reformierte Gemeinde Detmold-Ost gemeinsam tragen. Heute finden hier Ferienspiele statt. Tabea, Alex, Ewin, Sonja, Lilli und Jana bemalen unter Anleitung von Irina Jegel Steine mit Naturmotiven. Nebenan bauen Arthur, Artem, Engin, Esdin‚ Stefan, Sehat und Nuri mit Hilfe der beiden Jugendlichen Alex und Alex Nistkästen. Im Haus der Kirche geschieht Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Frauen. Das Modellprojekt „Kolumbus“ – geplant und entwickelt für Frauen - knüpft hier an, verstärkt, was bereits gut funktioniert, und will ein Netzwerk installieren. Ziel: eine intakte Nachbarschaft.
Das ist ein Prozess, bei dem allseits akzeptierte und geschulte Kontaktpersonen eine wichtige Rolle spielen. Alicia Sturmann, Marion Pfeiffer-Stapler und Irina Jegel besuchen Familien, knüpfen Kontakte, versuchen „Schlüsselpersonen“ für die gemeinsame Sache zu gewinnen. Sie besuchen unangemeldet Familien, in denen Frauen und Kinder unter der Gewalt des Mannes und Vaters leiden, bieten Hilfen an und fragen nach den die Bewohner nach ihren Bedürfnissen. Sie zu kennen ist eine Grundvoraussetzung für ihre Arbeit, da ist sich Roswitha Kaul sicher: „Wir haben uns die Mühe gemacht zu fragen: Was wollt ihr, wo und wie wollt ihr es?“ Als Erfolg sieht sie beispielsweise das steigende Interesse an den angebotenen Sprach- und Alphabetisierungskursen. „Ohne das Erlernen der deutschen Sprache geht es nicht“, weiß sie. Aber einfach Kurse anzubieten, irgendwo Räume zu mieten und dann zu hoffen, dass auch jemand komme – das sei von vornherein zum Scheitern verurteilt. „Unsere Angebote sind extrem niedrigschwellig“, sagt die Diplom-Pädagogin. „Wenn die Frauen kochen, machen wir beispielsweise eine halbe Stunde vorher einen kleinen Sprachkurs. Darin sprechen sie über das, was sie in der nächsten Stunde tun wollen.“ Kleine Schritte, die vielleicht einmal dazu führen werden, das „kleinstökonomische Strukturen“ aufgebaut werden können, wie Roswitha Kaul das nennt. Eine professionell aufgebaute Versorgung alter Leute mit Essen, oder ein „Tante Emma-Laden“, Nachbarschaftskioske, eine Imbissbude – Visionen, welche die Bewohner des Stadtteils selbstbewusster und unabhängiger machen sollen. „Integration by doing“, nennt Roswitha Kaul das: „Je mehr wir die vorhandenen Potenziale stärken, nutzen und vernetzen, umso mehr hat der Stadtteil eine Chance auch ohne Unterstützung von außen zu überleben.“ Denn irgendwann wird es damit vorbei sein, da ist sich Roswitha Kaul sicher. „Wenn wir einigen Frauen helfen können, dann haben wir nicht nur für eine, zwei oder drei Frauen etwas getan. Die stehen dann für den ganzen Stadtteil und zeigen, dass man hier würdevoll leben kann.“

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