Archiv 2005 - 2001

26.05.2002

Von der Befreiung des Loslassens

Pressemitteilung: Dr. Ako Haarbeck vor der Synode über das Altwerden

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Nach dem Vortrag zur Eröffnung der Synode in der Detmolder Erlöserkirche am Markt: der frühere Landessuperintendent Dr. Ako Haarbeck (Mitte), sein Nachfolger Gerrit Noltensmeier (links) und Martin Böttcher, Präses der Synode.

Die Gemeinden sollten nicht nur für die Alten, sondern vor allem mit ihnen nachdenken und handeln, unterstrich Haarbeck. Gleichzeitig bleibe es eine vordringliche Aufgabe, die Pflegenden nicht allein zu lassen. 80 Prozent der pflegebedürftigen alten Menschen werden nach seinen Worten zu Hause von Verwandten versorgt, in der Regel von Frauen. Hier wies der Referent auf die biblische Mahnung hin: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ – Nachbarschaftshilfe, „innerfamiliärer Lastenausgleich“ und fantasievolle Hilfsorganisation in den Kirchengemeinden sei gefragt. Er hob die Arbeit der in Lippe besonders erfolgreich entwickelten Hospizdienste hervor.
Der 70-Jährige ging ebenso die heutigen „nie gekannten Möglichkeiten“ ein, sich im Alter frisch zu halten. Kirche müsse sich nicht schämen, hier attraktive Angebote und verlockende Unternehmungen anzubieten. Insgesamt sollten sich die Gemeinden fragen, ob die Alten in ihrer Mitte ernst genommen und gebraucht werden, ob auch ihre Erfahrungen und Kompetenzen zählen und abgerufen werden. „Haben wir genug Gesprächskreise, Treffpunkte, Räume, klar umrissene Aufgaben und Möglichkeiten der Mitarbeit, in denen die Älteren selbst aktiv sein können und sich nicht als Betreuungsobjekte gut gemeinter Nächstenliebe fühlen müssen?“, fragte der frühere leitende Theologe der Lippischen Landeskirche. Eine Gemeinde, die die Erfahrungen der Alten nicht bedenkt, müsse verarmen: „Wer nicht weiß, wo wir herkommen, wird nicht wissen, wo es hingehen soll.“ Die Gemeinde sollte immer wieder neu darüber nachdenken, wie in ihr auch alternde Menschen erfahren können: „Unser Leben ist auch unter veränderten Umständen wichtig vor Gott.“
Tod und Sterben seien für Christen kein Tabu: „Wir glauben nicht an die unbegrenzte Macht des Todes, sondern an den, dem gegeben ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Haarbeck nannte es eine unverzichtbare Aufgabe der christlichen Gemeinde, mit ihren älteren Mitgliedern der Freiheit Raum zu geben, sich auf das Sterben einzustellen: „Man kann offen darüber reden.“ Die gemeinsam von den großen Kirchen herausgegebene Christliche Patientenverfügung sei dazu ebenso eine brauchbare Hilfe wie ein schriftliches Testament.
Und so liegt im Loslassen nach Haarbecks Überzeugung auch eine Befreiung: „Gut, dass ich hier in dieser Welt nicht ewig leben muss.“

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