Archiv 2005 - 2001

14.05.2002

Zwischen Ethik und Ökonomie

Pressemitteilung: Evangelischer Bauerntag in Bösingfeld

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Sprach über die Spannungen, in denen die Landwirtschaft heute steht: Dr. Clemens Dirscherl vom Evangelischen Bauernwerk in Württemberg

Mehr als hundert Landwirte aus dem gesamten Kreisgebiet nahmen daran teil. Hauptreferent Dr. Clemens Dirscherl vom Evangelischen Bauernwerk in Württemberg ging auf das Spannungsfeld zwischen traditionellem Bauernhof und ökonomisch orientiertem Agrarbetrieb ein. Zunächst gebe es einen Unterschied zwischen herkömmlichen Vorstellungen vom Bauernhof und der Wirklichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe. „In der Gesellschaft möchte man um die Bäuerlichkeit auf Bauernhöfen wissen, weil man die agrarpolitische Realität und die wirtschaftlichen Sachzwänge, denen die Landwirtschaft heute unterliegt, nicht wahr haben will oder kann“, sagte er. Hinzu komme der wissenschaftliche Fortschritt, der speziell angepasste Sorten mittels Gentechnik ermöglicht. Hier steht die Landwirtschaft nach Überzeugung des Referenten in der Spannung zwischen vielfältigen Risiken einerseits und dem Fortschritt zum Wohl der Menschen andererseits. Es gibt ökologische Risiken: So können genetische Informationen aus der veränderten Pflanze an Lebewesen in der freien Umgebung übertragen werden – mit unabsehbaren Folgen. Es drohen aber auch wirtschaftliche und politische Unwägbarkeiten. Gleichwohl stehe moderne Landwirtschaft in der Verantwortung, ihre Produktivität zu steigern und mögliche Neuerungen zu erproben im Blick auf die Welternährung in der Zukunft, erklärte Dirscherl, der auch Vorsitzender des Ausschusses für den Dienst auf dem Lande der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Die Landwirtschaft von morgen werde noch stärker gefordert sein, sich mit den verschiedenen und oftmals widersprüchlichen Erwartungen von gesellschaftlichen Gruppen zu befassen und auseinander zu setzen. Wie schwierig das sei, hätten die jüngsten Diskussionen nach der BSE-Krise oder der Maul- und Klauenseuche gezeigt, „in denen es der Landwirtschaft sichtlich schwer fiel, in angemessener und differenzierter Weise zu reagieren.“
Das Extertal, in dessen Zentrum Bösingfeld liegt, ist landwirtschaftlich geprägt – ein typisches Beispiel für eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft, wie Friedrich Kehmeier aus Asmissen in seinem Grußwort sagte. Aber auch hier verliert die Landwirtschaft an Bedeutung: „Die Bauernhöfe sterben leise“, stellte der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Vereins Extertal fest. Er gab zu bedenken, dass die Entsorgung einer Tonne Müll inzwischen mehr kostet als eine Tonne Getreide.
„Gewissen und Wissen brauchen einander“, gab Kirchenrat Andreas-Christian Tübler aus Detmold den Anwesenden mit auf den Weg: Wissen sei auch eine Verpflichtung zu ethischem Handeln. Die Kirche sei sich der Herausforderung bewusst, zwischen den ethisch-moralischen Verpflichtungen und den ökonomischen Belangen der modernen Landwirtschaft eine Balance zu finden.
Der Landfrauenverband Bösingfeld sorgte für Kaffee und leckere Kuchen, für die man zu Gunsten der Tschernobyl-Hilfe Bösingfeld spenden konnte.

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