Archiv 2005 - 2001

25.02.2002

Eine Kraftprobe mit tödlichen Folgen

Pressemitteilung: Dekade zur Überwindung von Gewalt: Gottesdienst und Nachtkonzert

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Mit zwei großen Stoppschildern zeigte Pfarrer Maik Fleck: Aus dem Rot der Gewalt kann das Rot der Liebe werden.

In der Familie, in der Schule, offen oder verdeckt, in Schlafzimmern und auf der Straße: Menschen tun einander Gewalt an. Allgemeine und spezielle Beispiele präsentierten die Mitglieder des evangelisch-katholischen Vorbereitungskreises, Theologen und Nichttheologen. Pfarrer Maik Fleck ging auf die Bedrohung der Arbeitsplätze durch die Krise der Firma Hornitex ein, die seit Monaten von einem Insolvenzverwalter geführt wird: „Die Angst ist geblieben.“ Ulrike Burchart vom katholischen Dekanat Lippe nannte brutale Fälle rechtsradikaler Gewalttäter.
Dann: eine überraschende alttestamentliche Geschichte, die auch Bibelkundigen kaum bekannt sein dürfte. Ein König und ein Prophet liefern sich eine Kraftprobe, die nicht ohne tödliche Gewalt abgeht. Ahasja, König von Israel, wollte von einem heidnischen Götzen Auskunft über sein Schicksal. Elia stellt sich den Boten des Königs in den Weg und schickt sie zu ihrem Herrn zurück. Ahasja bedient sich militärischer Gewalt, um den unbequemen Mann Gottes zu ergreifen. Da sieht Elia rot: Er erfleht Feuer vom Himmel, und die königlichen Truppen werden vernichtet. Das wiederholt sich noch einmal, aber Ahasja bleibt halsstarrig und schickt zum dritten Mal Soldaten. Deren Anführer durchbricht die Spirale der Gewalt: Er wirft sich vor Elia nieder und fleht um das Leben seiner Männer. Darauf überwindet Elia seine Angst und geht mit zum König, um ihm die Botschaft zu überbringen: Weil er sich vom wahren Gott abgewandt und Rat bei einem Götzen gesucht hat, sind seine Tage gezählt.
Superintendentin Renate Niehaus und Pfarrer Maik Fleck erzählten und deuteten diese grausame Geschichte höchst lebendig. Zwei Stoppschilder marjierten den entscheidenden Wendepunkt: „Sieh mich an“, stand auf dem einen, Worte des Truppenführers, als er Elia bittet, von der Gewalt abzulassen. Die Voraussetzung dafür ist Gottes Zuspruch an Elia: „Fürchte dich nicht“, zu lesen auf dem anderen Stoppschild - wenn Gott die Angst nimmt, kann aus dem Rot der Wut das Rot der Liebe werden.
Gott gibt die Kraft, den Teufelskreis der Gewalt heilsam zu unterbrechen: Das Vertrauen darauf zog sich als roter Faden durch Erklärungen und Gebete. Etwa, wenn Lieselotte Mariss von der Detmolder amnesty international-Gruppe zu einer Kampagne gegen die Steinigung von Frauen im Iran aufrief. Oder auch wenn ein Schüler im Gebet formulierte: „Gott, erinnere uns daran, dass alle Menschen deine Kinder sind, auch die, die uns auf den Geist gehen.“
Am späten Abend knüpfte ein Nachtkonzert in der Lemgoer Marienkirche an den Gottesdienst an. Friederike Webel, Ulrike Mayer, Jens Lauterbach und Joachim Goltz sangen unter Rainer Johannes Homburgs Leitung die Passionsmotetten „Cantiones sacrae“ von Heinrich Schütz. Den Kontrast dazu bildeten die „Missa Syllabica“ und andere Werke des zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt. In der dunklen Kirche hörten die Besucher nochmals die Elia-Geschichte. Als später die Aufforderung Jesu vorgelesen wurde, auf Gewalt zu verzichten und seine Feinde zu lieben, fiel das Licht auf den Gekreuzigten: Ein Scheinwerfer beleuchtete das große Kruzifix in der Mitte der Kirche.

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