Archiv 2005 - 2001

27.10.2005

„Wenn aus Lust Last wird“

Pressemitteilung:„Wenn aus Lust Last wird“ Fortbildung für ehrenamtlich Mitarbeitende in der Kirche

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Thomas Tegtmeyer (Pfarrer im Ruhestand und Gesprächsgruppenleiter), Ruth Gantschow (Sozialarbeiterin und Geschäftführerin der Arbeitsgemeinschaft Altenarbeit), Christoph Baum (Pfarrer im Ruhestand und Gesprächsgruppenleiter), Dr. Traugott Ulrich Schall (Pfarrer im Ruhestand und Referent), Andreas Klei (Pfarrer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Altenarbeit in der Lippischen Landeskirche) und Dorothea Berneking (Frauenbildungsreferentin). (von links)

In einer Gesellschaft, in der zukünftig Ehrenamtliche vermehrt solche Arbeiten übernehmen, die früher von bezahlten Hauptberuflichen getan wurden, ist die Auseinandersetzung mit der Fürsorge um die Ehrenamtlichen ein Thema von zunehmender Bedeutung.
Nach der Andacht und Begrüßung durch Pfarrer Andreas Klei hielt Dr. Traugott Ulrich Schall, Pfarrer i. R., vor knapp 40 Teilnehmenden ein Referat, in dem er zunächst mit der Vorstellung aufräumte, dass einen der christliche Glaube über menschliche Dinge erhaben mache: „Christen werden auch müde!“ Bevor man jedoch an einem Burn-Out-Syndrom leide, gäbe es eine Vielzahl von Vorstufen und Anzeichen. Das seien Ermüdungserscheinungen, die zwar seelische Ursachen hätten, aber rein körperlich Energie kosteten, bis man sich eines Tages „ausgebrannt“ fühle. Eine zu hohe oder eine falsche Erwartungshaltung seien oft der Grund dafür, dass sich irgendwann Verzagtheit einstelle. Ob man nun christlichen Glauben praktisch umsetzen und leben wolle, oder etwas Nützliches tun und Menschen helfen möchte – man tue nichts, ohne eine eigene Erwartungshaltung. Man erhoffe sich eine Rückmeldung, eine Form des Lohns. Dr. Schall: „Damit ist niemals Geld gemeint – selbst in Berufen, in denen es Gehälter gibt, suchen die Menschen den eigentlichen Lohn an anderer Stelle.“ Dabei könne es sich um Anerkennung handeln, um ein höheres Selbstwertgefühl oder es gehe um den Begriff des Erfolges. Doch Erfolg werde meistens nur dann also solcher empfunden, wenn er messbar ist. „Manchmal wirkt es so, als ob uns der Kranke gar nicht wahrnimmt.“ Dann sei es für die Ehrenamtlichen schwer, den Erfolg zu sehen. Es sei wichtig, zu begreifen, dass dieser Besuch auch seinen Sinn in sich selbst gehabt haben könne. „Man muss nicht alles erkennen und erklären können. Manchmal ist es besser, auf diesen Wunsch zu verzichten, denn wir können nicht wissen, ob wir nicht doch etwas Sinnvolles getan haben.“ Vor allem solle man den Anspruch an die „Machbarkeit aller Dinge“ aufgeben. „Die wichtigste Kompetenz ist das Zuhören können – und damit meine ich das aktive Zuhören.“ Dabei müsse man wissen, dass die Hilflosigkeit am Bett eines Leidenden, also das sekundäre Leid, oft schwerer auszuhalten sei, als das primäre Leid. Dann solle man akzeptieren: „Ich kann nur da sein.“ Wer sich um andere kümmert müsse auch auf sich selbst schauen. „Wo ruht Ihre eigene Seele aus? Machen Sie genügend Pausen? Gibt es auch noch andere Dinge in Ihrem Leben, die Ihnen Freude und Ausgleich sind, etwas, das das Leben außerdem noch trägt?“ Menschen, die für andere sorgen, benötigten auch selbst Fürsorge. Dr. Schall: „Bischöfe und Superintendenten sollen Seelsorger der Pastoren sein, Ehrenamtliche haben ihre Supervisoren. Die personale Seelsorge ist wichtig.“ Dann könne man Ermüdungserscheinungen entgegentreten. Die Anregungen aus dem Referat wurden anschließend in drei Arbeitsgruppen diskutiert und am späten Nachmittag in einem Plenum zusammengefasst. Die Teilnehmer zogen ein positives Resümee der Fortbildung. Nach dem Referat und dem Erfahrungsaustausch wurde als das vordringlichste Problem das eigene Abgrenzen empfunden. Für sich selbst die Grenze zu ziehen, ist demnach die Voraussetzung, um dem Gefühl des Ausgebranntseins vorzubeugen.

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