Archiv 2005 - 2001

22.04.2004

Entschädigen oder versöhnen?

Pressemitteilung: Für eine „offene Erinnerungskultur“ zwischen Namibia und Deutschland

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Gemeindepfarrer Burkhard Krebber (links) dankte dem Namibia-Experten Hanns Lessing (rechts) für dessen Vortrag, der die im Gemeindezentrum am Detmolder Marktplatz gezeigte Namibia-Ausstellung vertiefte.

Erst der 100. Jahrestag des Herero-Aufstandes in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) am 12. Januar hat hierzulande die Erinnerung an dieses Kapitel der Geschichte geweckt. Der Aufstand wurde von kaiserlichen Truppen in einem vierjährigen Krieg ab 1904 brutal niedergeschlagen. 75.000 Tote forderte dieser Krieg auf afrikanischer Seite; 1.750 deutsche Opfer gab es. Die Versöhnungsarbeit zwischen den namibischen Volksgruppen auf der einen und der früheren Kolonialmacht auf der anderen Seite sei noch nicht abgeschlossen, sagte der Namibia-Experte Hanns Lessing. Er hat sieben Jahre als Pastor für die Vereinte Evangelische Mission in dem afrikanischen Land gelebt.
In den USA lebende Nachfahren der Herero wollen von der deutschen Regierung eine Entschädigung für die seinerzeit erlittenen Landenteignungen, berichtete Lessing. Beim Obersten Gericht in Washington haben sie im Jahr 2001 auf Zahlung von zwei Milliarden US-Dollar Wiedergutmachung geklagt. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hatte vorher diese Klage abgewiesen. Die deutsche Regierung lehnt eine Entschädigung ebenfalls ab, und auch die namibische Regierung betrachtet den juristischen Streit mit Skepsis. Sie will das Verhältnis zu Deutschland nicht belasten und verweist auf ihren Beschluss, die Eigentumsverhältnisse nicht zu ändern, die während der insgesamt mehr als einhundertjährigen Kolonialzeit entstanden sind.
Die Vereinte Evangelische Mission (VEM) und die Lutherische Kirche in Namibia hätten in der Frage der Entschädigung keine eindeutige Position bezogen, sagte Pfarrer Lessing. Das Missionswerk wie auch die namibische Kirche setzten auf eine „offene Erinnerungskultur“. Den Jahrestag des Herero-Aufstandes nahmen VEM und Lutherische Kirche als Ansatz, um gerechtere und ehrlichere – eben versöhnte - Beziehungen zwischen Namibia und Deutschland schaffen. Wenn man frei von Bitterkeit und ohne Schuldzuweisungen über den deutschen Kolonialismus in Namibia sprechen könne, so referierte Lessing die gemäßigte deutsch-namibische Position, dann sei aus Sicht von VEM und Lutherischer Kirche in Namibia schon viel erreicht.
Für deutsche Entwicklungshilfeprojekte gebe es in dem südwestafrikanischen Staat ein breites Betätigungsfeld. Namibia zähle nicht zum Armenhaus Afrikas, aber innerhalb der Bevölkerung existierten gewaltige Einkommensunterschiede – von bitterarm bis schwerreich. Deutsche Unterstützung könne sich darauf konzentrieren, die Wasserversorgung der an der Armutsgrenze lebenden Landbevölkerung zu verbessern und gleichzeitig genossenschaftliche Modelle zu entwickeln.
Der Vortrag von Hanns Lessing vertiefte eine von der evangelisch-reformierten Gemeinde Detmold-Ost gezeigte Ausstellung. Sie trägt den Titel „Erinnert Namibia! – Mission, Kolonialismus und Freiheitskampf“ und stellt auf 40 Bild- und Texttafeln die Geschichte Namibias von 1842 bis heute dar. Die Ausstellung wurde zusammengestellt von der VEM. Deren Vorgängerin, die Rheinische Mission, entsandte im Jahre 1842 die ersten deutschen Missionare nach Namibia. Die Ausstellung ist im Gemeindehaus am Markt noch bis einschließlich Sonntag, 25. April zu sehen. Am Mittwoch, 28. April wird um 19.30 Uhr im Gemeindehaus der Film „Kolonialkrieg und Völkermord in Namibia“ gezeigt.

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