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19.02.2004

Wenn der Zufall zum Schicksal wird

Pressemitteilung: Ökumenisches Forum diskutiert deutsches Asylrecht

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Rechtsanwalt Günter Meyners kritisierte vor dem Ökumenischen Forum Flüchtlinge in Lippe die deutsche Asylrechtspraxis.

Meyners betonte, dass es über das Asylrecht hinaus noch weitere juristische Grundlagen für den Schutz von Flüchtlingen gebe. Neben der Genfer Konvention sei das vor allen Dingen das Ausländerrecht, das eine Abschiebung in Länder verbiete, in denen den Betroffenen Verfolgung droht.
Gleichwohl seien die Chancen für Flüchtlinge in Deutschland eher gering. Insgesamt sieht der Jurist das deutsche Asylrecht in einer bedenklichen Schieflage. „Es sind nicht 97 oder 98 Prozent aller Flüchtlinge Scharlatane, die sich ungerechtfertigt Asyl in Deutschland erschleichen wollen. Viel mehr fürchten sie in ihrer Heimat tatsächlich um Leib und Leben. Doch ihnen stehen hier weniger Rechtsmittel zur Verfügung als dem normalen Bürger, der den Bau einer Garage auf dem Nachbargrundstück verhindern will.“
Seit der Asylrechtsänderung, die alle Nachbarstaaten zu „sicheren Drittstaaten“ gemacht hat, führe die Einreise auf dem Landweg dazu, dass diese Flüchtlinge nicht mehr als Asylberechtigte anerkannt werden. Sie erhalten lediglich Abschiebungsschutz nach dem Ausländergesetz – das so genannte kleine Asyl. Für problematisch hält Meyners auch, dass politische Verfolgung stets als staatliche Verfolgung interpretiert werde. „Das führt dazu, dass viele Afghanen in Deutschland kein Asyl bekommen, weil die Rechtsprechung überwiegend davon ausgeht, dass es in Afghanistan keinen Staat und mithin keine staatliche Verfolgung gibt.“
Meyners erläuterte das Asylverfahren, dem Flüchtlinge sich gegenüber sehen, die es trotz aller Widrigkeiten nach Deutschland geschafft haben – etwa 60.000 Menschen pro Jahr. Ihr Asylantrag werde durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge bearbeitet. Der Detmolder Rechtsanwalt sieht jedoch die Entscheider im Bundesamt einem hohen öffentlichen Druck ausgesetzt. „Viel hängt davon ab, ob der Asylbewerber nun einen Beamten vorfindet, der wirklich sorgsam prüft. Kleine Widersprüche in den Aussagen von Flüchtlinge lassen sich manchmal durch Nachfragen schnell aufklären. Ein Entscheider kann aber angesichts des allgemeinen Erwartungsdrucks auch den kleinsten Widerspruch nutzen, um einen Asylantrag sofort abzulehnen.“ Die Chancen vor Gericht stünden für Flüchtlinge auch nicht besonders gut, berichtete Meyners aus seiner beruflichen Erfahrung. Eine zweite gerichtliche Instanz bleibe den Betroffenen in der Regel ohnehin versperrt. In erster Instanz seien die Klagefristen gegen Entscheidungen des Bundesamtes sehr kurz. Wer beispielsweise weder Asyl noch Schutz nach dem Ausländerrecht erhalten hat, habe gerade mal eine Woche Zeit zu klagen. In dieser Zeit müssten die Ausländer den Bescheid des Amtes verstanden sowie einen Dolmetscher und einen Rechtsanwalt für Flüchtlingsrecht gefunden haben. Die Klage habe dann gegenüber einer möglichen Abschiebung auch keine schützende Wirkung. „Eine solche Wochenfrist kennt die deutsche Justiz bei der Wahrung der Rechte deutscher Staatsangehöriger nicht“, so Meyners. Vor den Gerichtsschranken werde dann der Zufall wieder häufig zum Schicksal für die Flüchtlinge: „Wer unbedingt abschieben will, kann das problemlos tun, indem er dem Flüchtling schlicht die Glaubwürdigkeit abspricht. Das liegt im Ermessensspielraum des Gerichtes und nimmt dem Flüchtling jegliche Möglichkeit, weitere Rechtsmittel einzulegen.“

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