Archiv 2005 - 2001

30.01.2004

Nicht Gott und dem Mammon dienen

Pressemitteilung: Nicht Gott und dem Mammon dienen. Wirtschaftsstrukturen als Herausforderung an die Kirchen

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Christen haben den Auftrag, für die Verlierer Partei zu ergreifen: Hermann Schaefer

Zu dem Vortrag hatte die Lippische Landeskirche nach Stapelage bei Detmold eingeladen. Klar ist für Pfarrer Schaefer, dass Christen den biblisch begründeten Auftrag haben, für die Armen, für die Benachteiligten und Verlierer Partei zu ergreifen. Doch wenn die Benachteiligung mit wirtschaftlichen Strukturen zusammenhängt, dann kommt es zu einer Alternative, die Schaefer so beschrieb: Entweder stelle die Kirche unter Beweis, dass sie bei dem Thema fachkundig mitdiskutieren kann – dann laufe sie Gefahr, die Botschaft von Gottes vorrangiger Zuwendung zu den Armen zu vernachlässigen. Oder sie versuche eben diesen Armen, die im Prozess der Globalisierung nicht gehört werden, eine Stimme zu geben – dann entstehe leicht der Eindruck, die Kirche sei „eine Ansammlung von ahnungslosen moralisierenden guten Menschen ohne jeden Realitätssinn.“
Für Hermann Schaefer ist das nur eine scheinbare Alternative. Die christliche Option für die Armen und damit auch für den Kampf gegen ungerechte Strukturen sei eindeutig. Er nannte als Beispiel für vergleichbares Engagement im Sinne des Evangeliums den Kampf gegen die Rassentrennung in Südafrika. Die Position dazu wurde vom Reformierten Weltbund 1982 sogar zur Bekenntnisfrage (status confessionis) erhoben: Wer die Apartheid nicht uneingeschränkt verurteilte und entsprechend handelte, wurde aus der Gemeinschaft der Kirchen ausgeschlossen. Bei der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit auf Grund globaler Verflechtungen konnte sich der Weltbund allerdings nicht zu einem solch radikalen Schritt entschließen. 1997 wurden die Mitgliedskirchen aufgerufen, sich verbindlich an einem „Prozess des Erkennens und Bekennens“ (processus confessionis) zu beteiligen. Schaefer sprach von einem verpflichtenden Prozess mit dem Ziel, die Herausforderung durch wirtschaftliche Ungerechtigkeit und die ökologische Zerstörung als Anfrage an das Bekenntnis ernst zu nehmen – als Anfrage an das Kirche-Sein von Kirche selbst.“
Und die bedrückenden Zahlen, die der Referent vorlegte, zeigen, dass die globale wirtschaftliche Entwicklung Christen nicht kalt lassen kann: 54 Länder der Welt sind demnach heute ärmer als im Vergleichsjahr 1990. In 21 Ländern leiden mehr Menschen Hunger als damals. In 14 Ländern sterben mehr Kinder, bevor sie das fünfte Lebensjahr erreicht haben. In 34 Ländern ist die Lebenserwartung gesunken. Der Glaube, der weltweite freie Markt würde letztlich weltweiten Wohlstand bescheren, sei ein Irrglaube. Schaefer sprach von einer „neuen Phase des Kapitalismus, die alle Formen der Machtausübung vereint.“ Die internationalen Finanzmärkte seien darin „Imperium und Gott zugleich“.
Anknüpfend an die Aussage Jesu: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ hat der Reformierte Bund ein „Anti-Mammon-Programm“ entwickelt. Bündnispartner ist die globalisierungskritische Bewegung Attac geworden, die sich dafür einsetzt, Gewinne aus spekulativen globalen Finanzbewegungen weltweit zu versteuern (Tobin-Steuer). Weil die Partei Bündnis 90/Die Grünen immer weniger Kritik gegenüber der Globalisierung übe, komme derzeit nur Attac als Partner in Frage. Bislang seien aber die Impulse aus ökumenischen Debatten in Kirchen und Gemeinden kaum aufgenommen worden, beklagte Schaefer. Als Grund nannte er, dass die "Manager der Globalisierung" die gesellschaftliche Diskussion auch in den Kirchen bestimmten. Trotz der auseinander driftenden Kluft zwischen Armen und Reichen sei das Thema Reichtum von der Tagesordnung verdrängt worden.

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