Archiv 2005 - 2001

04.11.2003

Klosterkomplex St. Marien deutlich größer als erwartet

Pressemitteilung: Klosterkomplex St. Marien deutlich größer als erwartet. Lippisches Damenstift St. Marien baut auf historischem Grund und Boden

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Tierknochen, wie dieser Kiefer eines Rindes, hat Grabungsleiterin Antje Köllner in größeren Mengen auf dem Areal des Lippischen Damenstiftes gefunden.

Das etwa 500 Quadratmeter große Grabungsareal legt Zeugnis vom Reichtum des ehemaligen Dominikanerinnenklosters und späteren Stifts ab. Die von Köllner und ihrem Team gefundenen Mauerreste gehören zu ehemaligen Wirtschaftsgebäuden des Klosters. Damit steht fest, dass die Anlage nicht nur deutlich größer war als bislang angenommen, sondern von den Laienschwestern auch eine entsprechend höhere Wertschöpfung erbracht wurde.
Köllner kann noch nicht mit Sicherheit sagen, welche Funktionen die Wirtschaftsgebäude aus unterschiedlichen Bauphasen im Einzelnen hatten. Sicher erscheint jedoch, dass in einem der Häuser eine Näherei untergebracht war. Bislang sind neun Fingerhüte gefunden worden, die diesen Schluss nahe legen. Die Palette der übrigen Fundstücke reicht vom 14. bis zum 20 Jahrhundert: mittelalterliche Keramik, Glas, ein Siegel mit der lippischen Rose aus dem 18. oder 19. Jahrhundert, ein Puttenkopf, ein Hohlpfennig aus dem 14. Jahrhundert, Tierknochen, Sohlen von Kinderschuhen und Küchenabfälle. Das Kloster St. Marien muss für Lemgo ein religiös, kulturell, politisch und wirtschaftlich überaus bedeutender Ort gewesen sein.
Schon sehr früh waren die Archäologen auf eine Wasserleitung aus Stein, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, gestoßen. Auch sie belegt den Reichtum des Stifts. Mehr noch freut sich Köllner jedoch über einen Fund, den sie erst in diesen Tagen machte: der ursprünglich als Grabungsziel gesuchte hölzerne Wasserkanal. Die dicken Eichenbalken deuten zurück auf das Jahr 1348, also auf die Anfänge des gut 40 Jahre zuvor nach Lemgo von Lahde bei Minden übergesiedelten Klosters. Die endgültige Auswertung der Funde wird noch zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen. Erst dann lassen sich genauere Rückschlüsse auf das Leben im Lemgoer Kloster ziehen.
Dann jedoch werden wohl schon die ersten Bagger auf dem Gelände stehen. Denn das Lippische Damenstift St. Marien plant dort den Bau von 17 Seniorenwohnungen. Erst dieses Bauvorhaben hat die Grabungen im alten Klostergarten möglich gemacht. Stiftsrentmeister Professor Dr. Reinhard Becker hatte im Zuge des Genehmigungsverfahrens die Baudenkmalpflege eingeschaltet und ist nun mit Dechantin Margarete Krohn-Grimberghe fasziniert von den Ausgrabungsergebnissen. Im Frühjahr aber soll endgültig Baubeginn für das 2,5 Millionen-Euro-Projekt sein. Vorgesehen sind zwei- und dreigeschossige Gebäude mit Wohnungen bis zu 80 Quadratmetern Fläche. Für viele Senioren dürfte das eine reizvolle Perspektive sein: Wohnen auf historischem Klostergrund.

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