Archiv 2005 - 2001

11.09.2001

Wo Ethik draufsteht, ist nicht immer Ethik drin

Pressemitteilung: Wo Ethik draufsteht, ist nicht immer Ethik drin

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Wolfgang Kessler

Die Lippische Landeskirche hatte dazu gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Solidarische Kirche und der "Anti-Mammon-Gruppe" des Reformierten Bundes eingeladen. Etwa vierzig Teilnehmer hörten im evangelisch-lutherischen Gemeindehaus Schülerstraße den Vortrag unter der Überschrift: "Mit Spargeldern die Welt verändern". Im Seminar schilderte Kessler die rationalen und irrationalen Grundlagen der Finanzmärkte. Deren Globalisierung mache ihre Kontrolle unmöglich. Täglich würden an den Börsen weltweit 1500 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Da laut Deutscher Bundesbank nur etwa 30 Milliarden davon notwendig sind, um alle Waren und Dienstleistungen zu bezahlen, vagabundiere der weitaus größere Teil der Summe unkontrollierbar auf den Finanzmärkten - 1470 Milliarden US-Dollar, die die Währungen "anfälliger Länder" gefährden und ins Chaos stürzen könnten, so der Chefredakteur der Zeitung "Publik-Forum".
Die Schnelllebigkeit des Weltfinanzsystems und die wachsende politische Macht der Banken stehen nach seiner Überzeugung einer nachhaltigen Lösung der großen Menschheitsprobleme im Wege. "Wenn Geld die Welt regiert und dabei zu ihrer Zerstörung beiträgt, dann fragt sich, ob die Welt je wieder über das Geld regieren kann", formulierte der Referent die zentrale Frage. Seine Antwort: "Politische Maßnahmen zur Kontrolle der Weltfinanzmärkte und eine globale Ethik im Umgang mit Geld". An dieser Stelle kommen die Spargelder ins Spiel. "Auch wenn Sie jetzt vielleicht etwas ungläubig schauen: Sie haben im Durchschnitt 150.000 Mark auf ihrem Konto", sagte der Referent. Er machte damit die Dimension des Geldvermögens von 7000 Milliarden Mark auch für den Einzelnen deutlich. Die Frage, wo sich ihr Geld gerade herumtreibt, was es gerade macht, könnten die meisten Sparer aber nicht beantworten, meinte Kessler.
Wer will, dass sein Geld nicht für Ziele angelegt wird, die er ablehnt, müsse es in Ethik- oder Ökofonds anlegen. Eine Kontrolle, ob die Kriterien des Anlegers auch eingehalten würden, sei dabei immer notwendig. Ein solcher Fond muss nach Worten Kesslers seine Anlagekriterien auch durch unabhängige "Rating-Agenturen" überprüfbar machen: "Nur solche Kontrollmechanismen garantieren Ihnen, dass auch Ethik drin ist, wo Ethik draufsteht." Dennoch sei eine Bewertung nicht leicht und nicht immer unumstritten. Die Summe des in Ethik-und Ökofonds angelegten Geldes sei zudem noch sehr gering. Trotzdem dürfe die Wirkung einer solchen Geldanlage nicht unterbewertet werden. Schon manches Unternehmen habe seine Firmenpolitik geändert, um eine Aufnahme in einen solchen Fond zu ermöglichen. Die Fragen der Anwesenden konnte der Referent oft mit sehr konkreten Tipps zu Anlagemöglichkeiten beantworten. Dabei kamen die großen Finanzinstitute nicht gut weg: Die seien allenfalls für das Girokonto brauchbar. Spargelder solle man bei kleinen, ökologisch ausgerichteten Instituten anlegen. Mit dem eigenen Ersparten Druck auf die Wirtschaft ausüben: Für Wolfgang Kessler ist das nicht unmöglich - für den Sparer, der sich eine gerechtere Gesellschaft wünscht, sogar notwendig.
Der Wirtschaftswissenschaftler und Journalist Dr. Wolfgang Kessler zeigte Möglichkeiten auf, wie durch Geldanlagen ein Stückchen Gerechtigkeit praktiziert werden kann.

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