Den kannste knicken!
Obstbaumschnitt Seminar der Lippischen Landeskirche für die Pflege von Apfel- und Birnenbäumchen
Referentin Vanessa Kowarsch nahm sich zunächst einen ganzen Abend Zeit für eine theoretische Einweisung. Und so erfuhren die Teilnehmer von der Pädagogin und Obstbaumwartin, dass ein professioneller Baumschnitt die Gesundheit und Lebensdauer des Baumes fördert und regelmäßige und hochwertige Erträge sichert. Lässt man die jungen Bäume einfach gewähren, beginnen sie zwar frühzeitig zu fruchten, doch durch das instabile Astgerüst brechen sie oft auseinander. Außerdem gibt es zur Ernte kaum einen Zugang in die Baumkrone.
Nach der Theorie die ausführliche Praxis
Vierastkrone, Stammverlängerung, Leitäste, Saftwaage und Spannungsbogen: was am Freitagabend noch graue Theorie blieb, wurde am folgenden Samstag in die Praxis umgesetzt. Die Referentin führte die Teilnehmer auf eine Streuobstwiese bei Reelkirchen. Die dort angepflanzten Apfel- und Birnenbäume hatten eine Pflegemaßnahme auch dringend nötig. „Streuobstwiesen wurden in den zurückliegenden Jahren oft als Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen angelegt. Leider verbleibt es oft bei der Pflanzenmaßnahme – für die spätere Pflege stehen oft nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung“, erläuterte Vanessa Kowarsch.
Auch auf der Wiese in Reelkirchen fanden sich zahlreiche Obstbäumchen, die nach dem Setzen augenscheinlich über viele Jahre keine Pflege erfahren hatten. In Vierergruppen nahmen sich die Seminarteilnehmer einige der Bäume vor und versuchten, die Entwicklung doch noch in gute Bahnen zu lenken.
Nicht immer muss abgeschnitten werden
Dabei ist es nicht immer mit einem beherzten Schnitt getan: Damit Leitäste sich richtig entwickeln können, müssen manche hochgebunden, andere dagegen abgespreizt werden. Mithilfe der Referentin schaffte es am Ende jede Gruppe, zwei Bäume wieder in Form zu bringen. Und trotz der bei frostigen Temperaturen und guter Werkzeuge durchaus anstrengenden Arbeit hatten alle viel Spaß dabei. Zum geflügelten Wort wurde beispielsweise der Begriff „den kannste knicken“ – gemeint war die Tatsache, dann man manche Triebzweige nicht entfernen muss, sondern sie mit einem beherzten Abknicken nach unten so verändern kann, dass der Baum sie als Fruchtholz weiterwachsen lässt.
„Für die Landeskirche ist es wichtig, den theologischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung auch in solchen Projekten praktisch wahrzunehmen“, erläuterte Thomas Fritzensmeier, im Landeskirchenamt zuständig für Immobilien und Umwelt. „Wir gehen gerne in die Gemeinden, um Menschen konkret Umweltarbeit erfahren zu lassen.“
Vanessa Kovarsch ist zurzeit für den Naturschutzbund (NABU) tätig, vornehmlich auf der Einsatzstelle Rolfscher Hof. Sie möchte Menschen wieder begeistern für Obstwiesen und Obstsorten und ist auch mit dem Projekt „Klassenzimmer im Grünen“ oft mit Grundschulkindern in Wald und Wiesen unterwegs. „Wir müssen uns um den Schatz der verschiedenen Obstsorten kümmern, damit diese nicht irgendwann einfach verschwinden.“
Immerhin seien je 1000 Apfel und Birnensorten bekannt sowie etwa je 500 Kirschen und Pflaumen. Auf professionellen Obstplantagen fänden sich nur Bruchteile dieser unschätzbaren Sortenvielfalt wieder.
Mittagstisch von der Lebensgemeinschaft Dalborn
Zur Mittagspause fuhren die Seminarteilnehmer übrigens noch einmal zurück ins Blomberger Gemeindehaus im seligen Winkel: Dort sorgten Mitglieder der Lebensgemeinschaft Dalborn für einen üppigen, leckeren Mittagstisch.
Infos:
www.lebensgemeinschaft-dalborn.de
www.dieobstbaumwartin.net
www.lebendige-landschaft-streuobstwiese.de
09.03.2017 von Uwe Rottkamp