Der Friedensforscher Dr. Reiner Steinweg sprach auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Solidarische Kirche in Detmold.

Macht es noch Sinn?

50 Jahre Friedensbewegung – 50 Jahre Krieg

Detmold. „Die Friedensbewegung hat sich immer in Wellen bewegt. Je größer das Bedrohungsgefühl, desto größer die Wellen.“ Was der bekannte Friedensforscher Dr. Reiner Steinweg (Linz), über die Friedensbewegung in der Bundesrepublik Deutschland zu sagen hatte, traf auf großes Interesse. Etwa 50 Zuhörer kamen ins Gemeindehaus der lutherischen Kirchengemeinde in Detmold, um zuzuhören und zu diskutieren.

Dr. Steinweg sprach im Rahmen der ökumenischen Friedenstage in Lippe auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft Solidarische Kirche über „Es ist zum Verzweifeln – oder doch nicht? 50 Jahre Friedensbewegung und Friedensforschung – 50 Jahre Krieg. Was tun gegen Resignation, Frust und Müdigkeit?“ Rund 30 Kriege habe es weltweit pro Jahr in den vergangenen Jahrzehnten gegeben. Dennoch: dass die Friedensbewegung noch lange nicht am Ende und Frieden möglich ist, war der Eindruck, den man nach zwei Stunden Vortrag und Diskussion mitnehmen konnte.
Steinweg skizzierte unter anderem wesentliche Phasen der Friedensbewegung: Protest gegen die Wiederbewaffnung nach dem 2. Weltkrieg, gegen die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen in den 50er/60er Jahren und gegen den Nato-Doppelbeschluss Anfang der 80er Jahre. Damals seien bis zu 300.000 Menschen in Bonn auf die Straße gegangen: „Wenn man selber sich bedroht fühlt, ist man eher bereit, etwas zu machen“. In den Zeiten dazwischen, den „Wellentälern“, kämen Gruppen und Initiativen große Bedeutung zu. Gruppen wie die IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs/Ärzte in sozialer Verantwortung), Pax Christi, der Internationale Versöhnungsbund oder auch die Arbeitsgemeinschaft Solidarische Kirche. „Die Massenbewegung ist immer eine Reaktion auf eine akute Bedrohung. Dazwischen ist die Kontinuität der Gruppen wichtig, die die Fackel weitertragen.“ Aus diesem Netz heraus könne sich schnell wieder ganz viel entwickeln und die nächste Wellenbewegung – die angesichts von Klimakriegen, Flüchtlingen, die an Europas Grenzen sterben, und dem Krieg in Afghanistan erstarken werde – unterstützen.
Ohne die Friedensbewegung der vergangenen 50 Jahre wäre die Welt eine andere: „Wie sähe unsere Welt heute aus, wenn es die großen Wellenbewegungen und die kleinen Initiativen nicht gegeben hätte? Wie sähe unsere politische Wirklichkeit aus?“ Gerhard Schröder habe im Bundestagswahlkampf 2002 auf das Thema Nicht- Beteiligung am Krieg gegen den Irak gesetzt: „Dass jemand in dieser Position auf ein Friedensthema setzt und die Wahl gewinnt, macht mir Mut“.
Steinweg sieht weitere Hoffnungszeichen. Zum Beispiel, dass in Europa und Nordamerika so gut wie keine Kriege mehr herrschten, aber auch Bewegungen wie Mayors for Peace (Bürgermeister für den Frieden). In der anschließenden Diskussion kamen weitere, ganz unterschiedliche Erfolge zur Sprache: von der Verhinderung des Bombodroms, geplanter Übungsplatz für Tiefflüge und Bombenabwürfe in Brandenburg, bis hin zur Kreativ- Veranstaltung der ökumenischen Friedenstage in Lippe „Mauen überwinden“, an der 200 Jugendliche aktiv teilnahmen.

04.12.2009