
„Die Angst vor Abschiebung nimmt zu“
Umgang mit Geflüchteten: Aufenthaltsrecht sollte vereinfacht werden
Eingeladen hatten das Kommunale Integrationsmanagement des Kreises Lippe, die Flüchtlingshilfe Lippe e.V. und die Lippische Landeskirche.
Einig waren sich alle, dass das Aufenthaltsrecht viel zu kompliziert ist. Frank Gockel vom Verein Flüchtlingshilfe Lippe schilderte, dass erfolgreiche Integration, etwa durch Arbeit und die Beherrschung der deutschen Sprache, keine Sicherheit vor Abschiebung biete: „Die Angst nimmt zu.“ Immer neue Gesetze, an denen außerdem keine Fachleute mitwirkten, stünden der Integration immer mehr im Weg.
Auch Daniela Brenker, Fachbereichsleitung Ordnung der Ausländerbehörde des Kreises Lippe, räumte ein, dass der politische Wille zur Integration „nicht immer gesetzlich abgebildet“ werde und das Aufenthaltsrecht vereinfacht werden sollte.
Die Einigkeit endete bei der Frage von Frank Gockel, warum zum Beispiel auch Menschen abgeschoben werden, die Arbeit haben und die Sprache können. Er kritisierte zudem, dass rechtliche Möglichkeiten wie das Chancenaufenthaltsrecht zum Teil nicht ausreichend im Sinne der Geflüchteten angewandt werden. Die Ausländerbehörde, antwortete Daniela Brenker, ist eine Ordnungsbehörde und damit verpflichtet, Personen ohne Bleiberecht rückzuführen. „Dabei prüfen wir sehr genau, ob die Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht.“ Und ihr Kollege Björn Schröder ergänzte: „Wir machen es uns nicht einfach. Jeder Fall ist ein Einzelfall, um den wir uns sorgfältig kümmern.“
Einig war man sich wiederum darin, dass Arbeitskräfte hierzulande dringend gebraucht werden. Die ehrenamtlich engagierte Charlotte Niedernolte erzählte die Geschichte einer Frau, die gerne hier als Altenpflegerin arbeiten wollte und alle Voraussetzungen dafür erfüllte – nur eine amtliche Unterschrift fehlte noch. Die Behördenmitarbeiterin verweigerte sie. Helferin Niedernolte gab nicht auf und verlangte ihren Vorgesetzten zu sprechen. Der kam schließlich und gab mit seiner Unterschrift den Weg frei. Heute ist die Frau als Altenpflegerin glücklich in ihrem Beruf.
Einer, der es ebenfalls geschafft hat, ist Tahssen Smoki, der 2015 aus dem Irak geflohen ist und nun seit kurzem die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. In seinem ursprünglichen Beruf als Lehrer konnte er hier nicht arbeiten, deshalb studierte er Informatik und ist jetzt fest angestellt. „Ich werde niemals vergessen, was Deutschland für uns getan hat“, erklärte er und erzählte stolz von seiner Tochter, die in der Grundschule eine Klasse übersprungen hat und jetzt das Gymnasium ansteuert. Gleichwohl berichtete er von der Ungewissheit, die vielen seiner Schicksalsgenossen – so wie ihm selbst früher – zu schaffen mache. „Wir wollen ein Teil von Deutschland werden.“
Unter der Moderation von Dieter Bökemeier, Landespfarrer für Diakonie, Ökumene und Mission, und Jessica Keitel vom Kommunalen Integrationsmanagement kam auch das Publikum zu Wort. Dabei wurde deutlich, dass Integration ohne ehrenamtliche Unterstützung sehr schwer ist.
26.03.2025