Kreis Lippe/Detmold. „Antisemitismus darf niemals toleriert werden. Wir müssen gegen ihn vorgehen, wo immer wir können, niemals schweigen, wo er uns begegnet.“ Landessuperintendent Dietmar Arends hat zum Auftakt der Lippischen Landessynode im Rahmen seines Jahresberichts zu den Folgen des 7. Oktober Stellung genommen.
„Angesichts der unvorstellbaren Gewalttaten der Terroristen verbietet sich jede Relativierung ihrer Taten von selbst. Jedes auch nur angedeutete Verständnis für ihr Tun ist unerträglich. Von offenen Solidaritätsbekundungen ganz zu schweigen. Für eine solche Tat gibt es keine Rechtfertigung. Etwas anderes, als in Trauer und Mitgefühl an der Seite der Menschen in Israel zu stehen, kann es für uns nicht geben angesichts dessen, was dort geschehen ist.“
Die Solidarität mit den Menschen in Israel bedeute im Übrigen nicht, dass man in allem gutheißen müsste, wie Israel auf den terroristischen Angriff reagiere, so Arends weiter: „Natürlich ist es erlaubt, das Ausmaß militärischer Maßnahmen zu kritisieren. Wir trauern um die vielen Menschen, die nun in Gaza ihr Leben verlieren. Mehrere tausend Menschen wurden in den letzten Wochen im Gazastreifen getötet, Männer, Frauen und Kinder. Die humanitäre Lage ist katastrophal. Und natürlich gilt es die Stimme der palästinensischen Christinnen und Christen zu hören, für das Recht auf einen Staat einzutreten, in dem die Palästinenser leben können. Die Hamas aber ist keine Befreiungsbewegung, sondern das sind mordende Terroristen, deren Ziel die Auslöschung Israels ist.“
#ausLiebe – oder wozu ist Kirche da?
Der Hauptteil des Berichts befasst sich unter der Überschrift #ausLiebe – wozu ist Kirche da“ mit diakonischem Handeln insbesondere im Blick auf Menschen, die von Armut betroffen sind. In diesem Jahr feiert die Diakonie ihr 175 -jähriges Bestehen. Arends: „#ausLiebe bringt zum Ausdruck, warum wir im diakonischen Handeln der Kirche das tun, was wir tun. Wir werden angetrieben von der Liebe zu den Menschen. Und diese Liebe ist in biblischer Perspektive ja immer wieder tätige Liebe. Im Tun, das sich dem Nächsten zuwendet – und insbesondere dort, wo sie in Not sind, erweist sich die Liebe.“ Auch über das diakonische Handeln hinaus werde hier deutlich, was die Kirche antreibt. „Als Kirche sind wir zuerst und vor allem dazu da, den Menschen von dieser Liebe Gottes zu erzählen, diese Liebe Gottes zu bezeugen mit Worten und mit Taten. Wir sind überzeugt, dass diese Liebe den Menschen zum Leben hilft und sie verändert. Wir sind überzeugt, dass diese Liebe diese Welt verändert.“
Es sei auffällig, dass in der gerade veröffentlichen 6. Kirchenmitgliedschaftsstudie die Beratungsarbeit der Kirche eine außergewöhnlich hohe Zustimmung erfahre. „Bei den Kirchenmitgliedern halten bis zu 100 Prozent der Befragten es für sehr wichtig oder wichtig, dass Beratungsstellen der Kirche Menschen in „Lebensproblemen“ beraten. Selbst bei den Konfessionslosen sind davon fast 80 Prozent der Befragten überzeugt.“
Finanzierungskrise im sozialen Sektor
„Als Kirche bieten wir in den verschiedensten Themenfeldern professionelle Beratung an. Im diakonischen Bereich geschieht dies zum Beispiel im Kontext von Armut und wirtschaftlichen Problemen, im Bereich der Ehe-, Familien-, Erziehungs- und vielfältigen Lebensberatung, in der Beratung in Bezug auf Bildungsgänge und bei den Themen Flucht und Migration.“
Allerdings stünden auch etliche der diakonischen Arbeitsbereiche und Einrichtungen in Lippe vor schwierigen Situationen und großen Herausforderungen. „Spätestens mit der dramatisch gestiegenen Inflation und den darauffolgenden Tarifabschlüssen in diesem Jahr ist die grundlegende Finanzierungskrise im sozialen Sektor in Deutschland mehr als deutlich geworden“, so der Landessuperintendent. Grund sei, dass zwar die Personal- und Sachkosten der Diakonischen Träger zwischen zehn und fünfzehn Prozent steigen, in der Refinanzierung durch die staatlichen Fördersysteme aber bisher keine entsprechenden Steigerungen umgesetzt werden. „In vielen Bereichen der Sozialwirtschaft führt dies zu Defiziten in der regulären Arbeit, die aus Rücklagen und Eigenmitteln ausgeglichen werden müssen. Dies wird den Trägern auf Dauer nicht möglich sein.“ Arends weiter: „Wenn nicht bald Grundlegendes geschieht, ist unser Sozialsystem als Ganzes bedroht. Im Bereich unserer Landeskirche erleben diese Finanzkrise gerade viele mit, die in der Kindertagesstättenarbeit engagiert sind, insbesondere dort, wo sie selbst in Trägerverantwortung stehen. Ein finanzieller Ausgleich der Kostensteigerungen erfolgt erst nach etwa anderthalb Jahren. Das führt zu erheblichen Belastungen der Träger.“
Es kämen geplante Haushaltskürzungen zum Beispiel auf Bundesebene hinzu. Würden diese Kürzungen so umgesetzt, müsste unter anderem das Programm „Respekt Coach“ im Jugendmigrationsdienst wiedereingestellt werden.
„Auch weitere Arbeitsbereiche im Bereich unserer Landeskirche wären von den geplanten Kürzungen betroffen, zum Beispiel die Mehrgenerationenhäuser und der Freiwilligendienst. Hinzu kommen auch etliche Arbeitsbereiche unserer Diakonischen Träger. Dass neben dieser Finanzkrise der Fachkräftemangel das andere große Problem aller professionellen diakonischen Aktivitäten ist, wäre an anderer Stelle zu beleuchten. Dieser Fachkräftemangel betrifft inzwischen weite Teile der kirchlichen und diakonischen Arbeitsfelder und wir spüren ihn deutlich auch in den Kirchengemeinden und im Landeskirchenamt.“
Weitere Infos zur Lippischen Landeskirche:
Rund 136.000 Gemeindeglieder
65 reformierte und lutherische Gemeinden (54 ref., 10 luth., 1 ev.*)
4 reformierte und 1 lutherische Klasse
57 Synodale
Weitere Infos u.a. zu Struktur und Finanzen:
www.lippische-landeskirche.de/transparenz
* Lockhausen-Ahmsen ist eine evangelische Kirchengemeinde mit Mitgliedschaft in der reformierten Klasse West und in der Lutherischen Klasse.
Die Verhandlungen der Lippischen Landessynode am 27. und 28. November können über www.lippische-landeskirche.de mitverfolgt werden.