Konfessionell-kooperativer Religionsunterricht wird ausgeweitet

Kirchen stellen gemeinsam mit Schulministerin Dorothee Feller Ergebnisse einer Evaluation der konfessionellen Kooperation vor

NRW/Düsseldorf/Lippe. Die konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht gewinnt zunehmend an Bedeutung und erfährt eine hohe Akzeptanz. Seit Schuljahresbeginn 2018/19 können Grundschulen und Schulen der Sekundarstufe I auf Antrag konfessionell-kooperativen Religionsunterricht (kokoRu) innerhalb des NRW-Gebiets der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche sowie der (Erz-)Bistümer Aachen, Essen, Münster und Paderborn einrichten. Landesweit, außer im Bereich des Erzbistums Köln, haben bis zu Beginn des Schuljahres 2021/22 insgesamt 275 Grundschulen (9,87 Prozent) und 261 Schulen der Sekundarstufe I (11,57 Prozent) konfessionell-kooperativen Religionsunterricht beantragt. Mehr als 108.500 Schülerinnen und Schüler nahmen im Schuljahr 2021/22 am kokoRu teil.

Eine Erweiterung erfolgt zum Schuljahr 2023/2024, so dass die konfessionelle Kooperation künftig auch im Bereich der Diözese Köln möglich sein wird. Die Vereinbarung zwischen dem Erzbistum und der Evangelischen Kirche im Rheinland ist unterzeichnet, die schulfachlichen Voraussetzungen, wie zum Beispiel die erforderlichen Lehrkräftefortbildungen, werden seit diesem Monat geschaffen.

Die hohe Akzeptanz bestätigen die Ergebnisse der Evaluation der beiden Professuren für Religionspädagogik (Universität Siegen) im Auftrag der drei Landeskirchen und fünf Bistümer in NRW. Gemeinsam mit dem an der Evaluation beteiligten Prof. Ulrich Riegel erläuterten Oberkirchenrat Rüdiger Schuch (Evangelisches Büro NRW) und Dr. Antonius Hamers (Katholisches Büro NRW) am 19. Dezember die Ergebnisse im Rahmen der Landespressekonferenz in Düsseldorf. Die Kirchen sehen sich demnach bestärkt auf dem Weg zu mehr konfessioneller Kooperation: „Bei allen Beteiligten wurde eine hohe Akzeptanz von konfessionell-kooperativem Religionsunterricht (kokoRu) nachgewiesen. Der dialogisch-kooperative Ansatz ist nicht nur theoretisch ein gutes Konzept, sondern hat sich an den Schulen bewährt.“

Auch Schul- und Bildungsministerin Dorothee Feller würdigte die konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht: „Der kokoRu ist gelebte Ökumene. Die stetig steigende Zahl der Schulen, die im Religionsunterricht konfessionell kooperieren, zeigt ebenso wie die Ergebnisse der Evaluation, dass der kokoRu von allen Beteiligten sehr gut angenommen wird. Dazu haben auch die hohen Qualitätsanforderungen an Konzeption und Umsetzung des kokoRu beigetragen. Ich bin überzeugt, dass der kokoRu einen entscheidenden Beitrag dazu leisten kann, den bekenntnisorientierten Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen zu sichern.“

In der Evaluation gab mehr als die Hälfte der Schulleitungen (56 Prozent) an, dass der Religionsunterricht im Kontext der weiteren Fächer eine „eher große“ oder „sehr große“ Bedeutung habe. Fast alle beteiligten Lehrkräfte wünschten sich eine Fortführung des kokoRu.

Der kokoRu sei von allen befragten Gruppen wie Eltern, Lehrkräften, Schulleitungen, Schülerinnen und Schülern umfassend bestätigt worden. Überwiegend als positiv empfunden werde, dass Lehrkräfte ihren religiösen Standpunkt sichtbar machen. 63 Prozent der Schülerinnen und Schüler sowie 81 Prozent der Eltern befürworteten dies.

Konfessioneller Religionsunterricht unterscheide sich gerade darin von Religionskunde. Es gehe nicht darum, den Kindern und Jugendlichen den eigenen Glauben aufzuzwingen, sondern ihnen eine Auseinandersetzung zu ermöglichen. Die Schülerinnen und Schüler sollen authentisch beide Konfessionen kennenlernen. So sei im konfessionell-kooperativen Religionsunterricht der Lehrkräftewechsel verpflichtend und die transparente Positionalität der Markenkern des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts in NRW: „Darin unterscheidet sich unser Weg in die Zukunft des Religionsunterrichts von anderen Bundesländern.“

Weitere Ergebnisse zeigten, dass die Kinder zu Hause sehr viel häufiger vom Religionsunterricht erzählen. „Das werten wir als einen deutlichen Hinweis auf die Zukunftsfähigkeit dieser Organisationsform.“

Die Ergebnisse der Befragung bescheinigten dem kokoRu darüber hinaus, dass er da, wo nicht nur evangelische und katholische Schülerinnen und Schüler an ihm teilnehmen, imstande sei, die Herausforderungen einer konfessionell und religiös heterogenen Lerngruppe zu achten und zu bewältigen.

Die Evaluation zeige zudem weitere Entwicklungsmöglichkeiten auf: Schülerinnen und Schüler, Eltern und Schulleitungen wünschten sich über den Dialog der Konfessionen hinaus auch einen Dialog zwischen den Religionen.

Die Landeskirchen und Diözesen in NRW haben daher als ein weiteres Ergebnis der Evaluation miteinander vereinbart, bestehende Versuche mit interreligiösen Modulen im Religionsunterricht auszuwerten und Qualitätsstandards zu entwickeln. Dabei gehe es nicht um eine neue oder andere Organisationsform des Religionsunterrichts, sondern die zeitnahe Entwicklung von Modellen, Leitlinien und Qualitätsstandards der Zusammenarbeit mit anderen Religionsunterrichten (zum Beispiel Islamischer Religionsunterricht) und dem Ersatzfach, die wissenschaftliche Auswertung und Austausch der entsprechenden Forschungsdesigns und Praxiserfahrungen, die Stärkung der Positionalität und Differenzsensibilität der Lehrkräfte als zentrales Anliegen der Lehrkräftebildung und -fortbildung sowie die Einrichtung kooperativer Lehrveranstaltungen in Hochschule, schulpraktischer Ausbildung und Lehrkräftefortbildung.

Oberkirchenrat Rüdiger Schuch und Dr. Antonius Hamers: „Wir sind froh, dass wir Aussagen im Koalitionsvertrag NRW finden, die in genau diese Richtung gehen. Die Landesregierung will den aufgezeigten Weg mitgehen und durch einen geregelten Dialog unterstützen. Darüber freuen wir uns sehr.“

 

Hintergrund:

Die Kirchen haben die konfessionelle Kooperation im Schuljahr 2019/2020 evaluieren lassen, um einen guten konfessionellen Religionsunterricht für die Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen. Dieser helfe ihnen, ihre Identität zu entwickeln, die eigene Kultur zu verstehen, aber auch andere Kulturen und Religionen. Wenn die Jugendlichen ihren eigenen Standpunkt in der kritischen Auseinandersetzung geklärt haben, können sie ihr Recht auf Religionsfreiheit bewusst wahrnehmen. Bildung braucht Religion.

Der Dank geht an

Professorin Mirjam Zimmermann (evangelische Theologie, Universität Siegen) und Professor Ulrich Riegel (katholische Theologie, Universität Siegen) für ihre mehrjährige Forschung, an die beteiligten Zielgruppen, Schulleitungen und Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler, und hier besonders an die, die noch im ersten Corona-Lockdown teilgenommen haben. In einer Zeit großer Unsicherheit, als der Alltag völlig auf den Kopf gestellt war, füllten sie Online-Fragebögen für eine wissenschaftliche Untersuchung aus. Ohne diesen Rücklauf hätte ein entscheidendes Element gefehlt.

Weitere Infos zur Studie finden Sie hier https://www.uni-siegen.de/phil/eval_kokoru_nrw/

19.12.2022