Kirche soll sich stärker einmischen

Viele Impulse bei Friedenskonsultation der Lippischen Landeskirche

Bei der Konsultation dabei: Friedenspfarrer Christian Brehme, Landessuperintendent Dietmar Arends, Professor Dr. Hans-Joachim Heintze, EKD-Militärbischof Dr. Sigurd Rink und Landespfarrer Dieter Bökemeier. (v.l.)

Kreis Lippe/Bad Salzuflen. Kirche sollte sich in die Debatte um Auslandseinsätze der Bundeswehr stärker zu Wort melden: „Wir müssen vor allem mit der Politik tiefer ins Gespräch kommen“, sagte Dieter Bökemeier, Landespfarrer für Ökumene und Mission, zum Abschluss der Friedenskonsultation der Lippischen Landeskirche am Samstag im Gemeindehaus der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bad Salzuflen. Allerdings dürfe es nicht bei einem schriftlichen Papier bleiben: „Kirche muss künftig vermehrt eigenes Engagement entwickeln.“

Ein Beispiel könnten Patenschaften für zivile Friedensdienstmitarbeiter sein.
Zu der zweitägigen Konsultation waren Fachleute aus Wissenschaft, Bundeswehr, Friedens- und Hilfsorganisationen sowie der evangelischen Kirche eingeladen.
Im Herbst will sich die Lippische Landessynode mit dem Friedensthema beschäftigen, das in ihrem Bereich besondere Aufmerksamkeit genießt: Teile der im lippischen Augustdorf stationierte Panzerbrigade 21 „Lipperland“ waren mehrfach zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr kommandiert.
Prof. Dr. Hans-Joachim Heintze (Universität Bochum im Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht , IFHV) schilderte rechtliche und historische Aspekte des Einsatzes der Bundeswehr im Ausland. So sei Krieg vor 1900 die akzeptierte Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln gewesen. Erst 1928 sei beim Abkommen von Paris der Krieg als politisches Mittel der Auseinandersetzung zwischen den Nationen verboten worden. Darunter falle auch die Androhung von Gewalt. Es gebe allerdings keine Definition, was Gewalt sei und was nicht – dies entschieden jeweils die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates. In einem Konfliktfall müsse der Sicherheitsrat zunächst feststellen, ob es sich um eine Bedrohung des Friedens handele; danach werde nach geeigneten Maßnahmen gesucht, beispielsweise Sanktionen. Erst wenn diese nichtmilitärischen Lösungen nicht funktionierten, könne der Sicherheitsrat zum Beispiel Friedenstruppen einsetzen. Im Rahmen solcher Mandate könne die Bundesrepublik Deutschland, die seit 1973 Mitglied der Vereinten Nationen (UN) ist, international militärisch tätig werden. Heintze stelle klar, dass dieses Verfahren in der Vergangenheit nicht immer korrekt eingehalten wurde: „Das Kosovo-Abenteuer war klar ohne UN-Mandat.“
Die eingeladenen Akteure verdeutlichten ihre Positionen: Nach Ansicht des Militärbischofs der EKD, Sigurd Rink, müsse ein Mandat des UN-Sicherheitsrats die Voraussetzung für jeden Auslandseinsatz der Bundeswehr bleiben. Das sei möglicherweise nicht bei allen der aktuell zwölf Einsätze mit deutscher Beteiligung der Fall. Dr. Martin Quack, Autor und Anbieter von „Peacebuilding & Humanitarian Policy“, forderte eine Abkehr von der „Sicherheitslogik“, die auf Abwehr von Gefahren, Abschottung und Abgrenzung setze, hin zu einer „Friedenslogik“. Quack berät Hilfsorganisationen und andere Akteure der internationalen Zusammenarbeit mit Studien, bei Dialog und Vernetzung, bei Veranstaltungen oder durch Evaluierungen auf wissenschaftlicher Basis. Die meisten globalen Probleme würden durch gewaltsam ausgetragene Konflikte massiv verschärft. Hauptmann Martin Waltemathe, Presseoffizier der Panzerbrigade 21, räumte ein, dass es auch in Teilen der Bundeswehr durchaus kritische Einschätzungen zu einigen der Auslandseinsätze gebe. Die Verantwortung für diese Einsätze trage die Politik.
Lutz Krügener, Pfarrer und Friedensbeauftragter der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, erinnerte an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, der sich um den Menschen kümmerte, der unter die Räuber gefallen war. Es gelte nicht, Einsätze zu rechtfertigen, doch der Blick müsse auf den leidenden Menschen gerichtet werden. Hier müsse Kirche Strategien entwickeln und konkret werden. In seiner Landeskirche beispielsweise werde man Orte, in denen Friedensarbeit stattfinde, künftig fördern – auch finanziell.
Der Friedensbeauftragte der Lippischen Landeskirche, Christian Brehme, bezeichnete in einer Bilanz der Konsultation die gerade auch von Teilnehmern der Bundeswehr ausgegangenen Impulse als äußerst wertvoll für den künftigen Diskussionsprozess. „Zu spüren, dass auch hier manche Auslandseinsätze kritisch gesehen werden und stärkeres Engagement bei zivilen Konfliktlösungen eingefordert wird, zeigt uns, dass die Politik stärker unter Druck gesetzt werden muss“, sagte der Pfarrer.

28.03.2019