Theater im Gottesdienst. Mit Pianistin Hye Ryung Lee, Bariton Insu Hwang und Dramaturgin Elisabeth Wirtz (von links).

Der Mitmensch als Lebenshilfe

Vis-à-Vis Gottesdienst über Mozart-Oper Così fan tutte in der Christuskirche

Detmold. Mozarts Oper „Così fan tutte“ stand zum Auftakt der neuen Theatersaison im Mittelpunkt der gemeinsamen Reihe "Vis-à-Vis. Abends ins Theater – morgens in die Kirche“ von Landestheater Detmold und Gemeinden der Lippischen Landeskirche. Die leitende Dramaturgin, Elisabeth Wirtz, sowie Insu Hwang, der den Part des Guglielmo singt, gaben im Gottesdienst Einblicke in die Oper. Die Predigt in der evangelisch-reformierten Christuskirche hielt Pfarrer Maik Fleck. Es ging um die Frage, was Menschen hilft, einander zu lieben und was im Laufe des Lebens aus starren Lebensentwürfen werden kann.

Elisabeth Wirtz und Lektorin Ursula Perret lasen den zweiten Schöpfungsbericht, der die Angewiesenheit des Menschen auf den Mitmenschen betont: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (Gen. 2,18). KMD Burkhard Geweke untermalte dies an der Orgel mit einem Zwischenspiel der Arie des Vogelfängers Papageno „Ein Mädchen oder Weibchen“ aus Mozarts „Zauberflöte“.
Elisabeth Wirtz beleuchtete die Handlung der Oper „Cosi fan tutte“ („So machen es alle“ oder „Die Schule der Liebenden“) von 1789: Ferrando und Guglielmo stellen die Treue ihrer Partnerinnen auf die Probe. Als es ihnen gelingt, als Adlige verkleidet, das Herz der jeweils anderen Braut zu erobern, ist die Enttäuschung groß. Es kommt zur Eifersuchtsszene, in der Guglielmo eine wutentbrannte Arie singt. (Nr. 26 „Mädchen, so treibt ihr`s mit allen“). Die Südkoreaner Insu Hwang (Bariton) und Hye Ryung Lee (Klavier), interpretierten die Arie in italienischer Originalsprache äußerst ausdrucksstark im Gottesdienst. Die Liebe hat Schiffbruch erlitten. Trotzdem sind sie am Ende glücklich vereint und preisen im Finale die Vernunft und Liebe. Wirtz wies darauf hin, dass die Musik Mozarts die existentielle Frage nach der wahren Liebe nicht moralisch bewerte. Die Oper stelle die Liebenden gleichberechtigt nebeneinander und mache deutlich, dass Liebe wandelbar sei.
In seiner Predigt verdeutlichte Pfarrer Maik Fleck, dass die Frage, ob man geliebt werde und der Andere treu sei, Menschen ein Leben lang begleite. Die ständige Frage danach zeuge aber von Unglaube und Misstrauen. Wiederholung sei nicht die Bekräftigung von Wahrheit. „Wie schön, dass die Paare am Ende der Oper wieder zusammenkommen. Sie haben erfahren, dass sie fehlbar sind.“  Kein Mensch sei perfekt. Die Vorstellung von Unfehlbarkeit sei Selbstbetrug. „Weil sie dies lernen, entsteht etwas Neues. Die Solidarität derer, die nicht perfekt sind, können wir Liebe nennen. Da ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, kann ich dem anderen vergeben.“ Bereits bei Adam und Eva gebe es das Zerbrechen, wo man nach dem Sündenfall mit Fingern aufeinander zeige. Es gebe aber auch die Solidarität, die die Beziehung  neu ordne. „Es geht um den Mitmenschen als Lebenshilfe unabhängig vom Geschlecht. Wie gut, dass wir Menschen uns immer wieder neu als Hilfe zum Leben finden können.“

Aufführungstermine von „Così fan tutte" im Landestheater Detmold sind am 12. Oktober sowie am 1. Dezember.

14.09.2018