Lesung im Café Gothland. Mit Autorin Christina Brudereck, Sabine Hartmann und Stefanie Rieke-Kochsiek (von links).

Ort des Widerstands und Neuanfangs

Christina Brudereck war auf Einladung der Lippischen Landeskirche mit ihrem Roman Café Mandelplatz im Café Gothland

Kreis Lippe/Detmold. Christina Brudereck hat im Café Gothland in Detmold aus ihrem Roman „Café Mandelplatz“ gelesen. Die Café-Atmosphäre passte zu der berührenden Erzählung, die in ein jüdisches Café in Johannesburg entführte, und machte die Lesung zum kulinarischen Genuss, denn ein Imbiss und Getränk gehörten mit dazu.


Sabine Hartmann, Referentin für Ökumenisches Lernen, begrüßte rund 60 Gäste im Namen des Südafrikaforums und des Referats Diakonie und Ökumene der Lippischen Landeskirche, die die Veranstaltung in Kooperation mit dem Eine-Welt-Laden Alavanyo und dem Team vom Café Gothland organisierten. Die Lippische Landeskirche ist seit 1998 mit der Uniting Reformed Church in Southern Africa verbunden. Gegenseitige Besuche und theologischer sowie gesellschaftlicher Austausch durch kulturelle Veranstaltungen in Lippe und Südafrika füllen die Partnerschaft mit Leben.

Pfarrerin Stefanie Rieke-Kochsiek, Südafrikabeauftragte der Lippischen Landeskirche, führte in den Roman ein und stellte die Autorin vor. Christina Brudereck ist evangelische Theologin und verbindet Poesie und Spiritualität mit Menschenrechtsfragen. Ihr 2015 geschriebener Roman ist durch eigene Erfahrungen in Südafrika inspiriert, wo sie sich 1994 zur Zeit der Amtseinführung von Nelson Mandela aufhielt. Wenn sie Heimweh beschlich, suchte sie Zuflucht im sehr deutsch geprägten jüdischen Viertel Johannesburgs. Die Geschichten, die sie dort hörte, regten sie zum Schreiben an. Die Autorin lebt heute nicht nur in Essen, in ihren Erzählungen spielt das gemeinsame Essen und Trinken eine große Rolle für die Kommunikation der Menschen.

Im Ambiente des fiktiven jüdischen Cafés Mandelplatz in Johannesburg im Jahr 1960 entwickelt sich eine berührende und intensive Widerstandsgeschichte gegen das Unrechtsregime der Apartheid in Südafrika. Die dramatische Familiensaga erzählt von drei jüdischen Frauengenerationen, deren Lebensgeschichte sich im Café verdichtet. Oma, Mutter und Enkelin finden im fernen Südafrika eine neue Heimat. Der gedeckte Tisch im Café wird Symbol des Zusammenfindens unterschiedlicher Generationen, Kulturen, Kräfteschöpfens und politischen Einmischens. Brudereck lässt deutsche Verfolgungsgeschichte auf die Apartheidpolitik Südafrikas treffen und macht Parallelen sichtbar.

Im Café des Romans serviert Mima Mandelbaum erfrischende Ingwerschorle und koscheren Wein. Als deutsche Jüdin hat sie sich während der Nazizeit nach Südafrika gerettet. Nun erlebt sie die Unterdrückung der Schwarzen. Während um sie herum alle wegschauen, wird sie immer tiefer in den Widerstand gegen das Apartheidregime hineingezogen, bis irgendwann das Leben der eigenen Familie auf dem Spiel steht. Das beliebte kleine Café mit seinen unterschiedlichen Gästen entwickelt sich über Jahre zum Ort des Widerstands und Neuanfangs. Trotz aller Schmerzen und Verluste ist die Erzählung getragen von trotziger Hoffnung und unerschütterlichem Glauben an die Macht des Guten.
Bruderecks Geschichte beginnt kurz vor der Verhaftung Nelson Mandelas 1962 und führt über seine Vereidigung als Präsident 1994 bis zur Arbeit der Wahrheits- und Versöhnungskommission in den 90er Jahren. Gespräche mit der Autorin rundeten den Abend ab. 

08.06.2022