Erschreckende Bilder

Afghanischer Arzt berichtet über Lage in seinem Herkunftsland

Detmold. Der Raum war komplett mit Zuhörern besetzt - so groß war das Interesse an dem Bericht von Dr. Ataullah Zulfacar über die humanitäre Lage in seinem Heimatland Afghanistan.

Der pensionierte Detmolder Arzt engagiert sich seit langem im „Ärzteverein für Afghanische Flüchtlinge“ (AFAF e.V.) und betreut medizinische und soziale Projekte unter anderem für inländische Flüchtlinge in Afghanistan. Von seiner letzten Reise konnte Dr. Zulfacar wenig Hoffnungsvolles berichten. Er erläuterte, dass die großen Städte, in die die Menschen geflohen seien, in keinster Weise über die nötige Infrastruktur verfügen würden, um so vielen Menschen Lebensmöglichkeiten zu bieten. Er zeigte erschreckende Bilder von den Zelten und Hütten der geflüchteten Menschen, in denen sie vor sich hin vegetieren müssten: „Die Menschen sind schon froh, wenn sie im Winter nicht erfroren und verhungert sind. Die Verdienstmöglichkeiten sind sehr gering. Selbst Hochschulabsolventen haben Schwierigkeiten, Arbeit zu finden.“ Darüber hinaus berichtete Dr. Zulfacar aufgrund der Erfahrungen der eigenen Projektarbeit, dass staatliche Hilfsgelder und Projekte im Sumpf der Korruption und wegen der Bürgerkriegssituation nicht bei den hilfebedürftigen Menschen ankommen. Auch sei die Sicherheit selbst in den von der Regierung kontrollierten Gebieten gefährdet, da staatliche Institutionen und Organisationen mit Spitzeln und Kollaborateuren durchsetzt seien, die für die Taliban und andere Antiregierungsgruppen arbeiteten.

Diese Schilderungen lösten im Publikum große Besorgnis aus. Viele der Zuhörer sind von der Situation direkt betroffen: Junge Afghanen, die zum Teil in deutschen Pflegefamilien leben und mit ihren Pflegeeltern gekommen waren. Sie hätten oft schon kurz nach ihrem achtzehnten Geburtstag ihre Ablehnung erhalten, denn dann entfalle der besondere Schutz für Minderjährige: „Dies ist sehr widersprüchlich, denn auf der einen Seite wird jungen Volljährigen weitere Hilfe und damit ein gewisser Schutz in Deutschland gewährt, auf der anderen Seite droht ihnen die Abschiebung in eine Situation, in denen ihre Sicherheit und das Überleben bedroht ist“, kommentierte Dr. Katharina Kleine Vennekate während ihrer Moderation die Diskussion.

Im Laufe der Diskussion wurde die Forderung von Dieter Bökemeier, Pfarrer für Flucht und Migration der Lippischen Landeskirche, nach einem Abschiebestopp für Afghanen von den Teilnehmenden immer wieder unterstützt. „Eine Abschiebung nach Afghanistan ist humanitär zurzeit nicht zu rechtfertigen,“ stellte Dieter Bökemeier fest.  Er warb außerdem dafür, dass jungen Afghanen eine weitere Bleibeperspektive ermöglicht werde durch die Erlaubnis, eine Ausbildung beginnen zu können.

17.05.2017